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Starkregen – oder gar keiner

Das Binnenhochwasser im Oderbruch ist vorbei, doch für die Bauern bleibt die Lage schwierig

  • Leticia Witte, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Erst standen monatelang die Felder unter Wasser – dann kam EHEC. Für die Bauern im ostbrandenburgischen Oderbruch, von denen viele auch Gemüse anbauen, war die vergangene Zeit sehr schwierig. Die Folgen werden noch lange zu spüren sein. Manch ein Landwirt ist dennoch vorsichtig optimistisch.

Seelow/Küstrin-Kietz. Udo Kutzke geht über seine Felder. Hier steht der Weizen, dort der Mais, woanders gar nichts. Das sind die Folgen des sogenannten Binnenhochwassers im Oderbruch, das manch einen Landwirt an den Rand des Ruins gebracht hat. Felder waren lange überflutet, nicht befahrbar und konnten nicht bestellt werden.

Nun ist das Wasser weg, die Spätfolgen bleiben. Viele Böden haben sich noch nicht erholt. »Das geht nicht von heute auf morgen«, sagt Kutzke, Chef des Landwirtschaftsbetriebs Cüstriner Landgut unweit des Grenzflusses Oder in Küstrin-Kietz (Märkisch-Oderland).

Hoffen auf den Mais

Von August 2010 bis zu diesem Frühjahr standen zahlreiche Felder im Oderbruch unter Wasser. Noch heute sind teils große Pfützen zu sehen. Die Hoffnung ruhe derzeit auf dem Mais, den Landwirte zuletzt auf einigermaßen getrockneten Böden gesät hätten, erläutert die Geschäftsführerin des Bauernverbandes Märkisch-Oderland in Seelow, Ines Sennewald. Für andere Pflanzen sieht sie jetzt, kurz vor der Ernte, eher schwarz: »Ich denke, der Ertrag wird beim Getreide unter Durchschnitt sein.«

Starke Einbußen belasten auch den Betrieb von Landwirt Kutzke. Konkrete Zahlen möchte er nicht nennen. Nur so viel: »Alle Reserven sind aufgebraucht.« Von seinen 1000 Hektar seien 700 überschwemmt worden. »Das war schon sehr dramatisch.« Ohne Kredite und Geld aus einem speziellen Nothilfeprogramm hätte das Landgut nicht überleben können, sagt Kutzke.

Nach Angaben des Brandenburger Landwirtschaftsministeriums wurden für Betriebe mit Überflutungsschäden 2,89 Millionen Euro bewilligt. Ermittelt worden sei ein Schaden von 12 Millionen Euro, bedacht würden 83 Anträge aus neun Landkreisen.

Schwerpunkt sei Märkisch-Oderland, sagt Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade. Geld erhalten jedoch nur diejenigen, die einen um 30 Prozent verminderten Ertrag im Vergleich zum Vorjahr nachweisen können – die Betroffenen bekommen vom Gesamtschaden aber jeweils nur weniger als ein Drittel ersetzt. Anders als viele Kollegen im Oderbruch baut Kutzke kein Gemüse an – die Folgen der Verzehrwarnung für Gemüse im Zusammenhang mit dem gefährlichen Darmbakterium EHEC haben den Landwirt nicht betroffen.

Kürzlich hatte das Ministerium mitgeteilt, dass Bauern in Brandenburg wegen der ausgefallenen Ernte Umsätze von gut 514 000 Euro eingebüßt hätten. Um Schäden auszugleichen, hatte die EU europäischen Gemüsebauern finanzielle Hilfen zugesichert.

Der Ruf nach neuen Sorten

Wie soll es künftig weitergehen für Kutzke und seine Kollegen? Der Bauer aus Küstrin-Kietz übt sich in Zuversicht. »Wenn Sie nicht Optimist sind, können Sie kein Landwirt sein. Ich sehe aber große Probleme.« Mit den Folgen von Hochwasser und Starkregen hätten die Bauern im Oderbruch noch rund drei Jahre zu kämpfen. Die Böden müssten aufgelockert und so mit Sauerstoff versorgt werden. Außerdem seien die Fruchtfolgen durcheinandergeraten, also die Reihenfolge des Anbaus von Weizen, Raps und anderen Pflanzen.

Mit weniger Witterungsextremen ist Fachleuten zufolge in Zukunft allerdings nicht zu rechnen. »Es gibt keinen leichten Landregen mehr, es ist gleich Starkregen oder gar keiner«, sagt auch Ines Sennewald.

Und Landgut-Chef Udo Kutzke appelliert an die Wissenschaft: »Es müssen Sorten her, die mit den Witterungsunbilden zurecht kommen.« Es könne durchaus sein, dass man Fruchtfolgen verändern müsse. »Die Landwirte müssen sich darauf einstellen, dass sich die Natur ändert.«

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