Becks Problem mit der Justiz

In Rheinland-Pfalz grummelt nun auch die SPD

  • Robert Luchs, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Streit um die geplante Justizreform in Rheinland-Pfalz nimmt immer größere Dimensionen an. Die rot-grüne Landesregierung unter SPD-Regierungschef Kurt Beck will das Oberlandesgericht Koblenz mit dem in Zweibrücken zusammenlegen und den Sitz dorthin verlegen – was nicht nur in Koblenz auf Kritik stößt.

Bislang hatte sich vor allem die CDU-Opposition im Mainzer Landtag in die Auseinandersetzung um die Fusion des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz mit dem Standort Zweibrücken eingeschaltet und Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) heftig kritisiert. Doch inzwischen fordern auch immer mehr besorgte SPD-Politiker im Land den Parteichef zum Umdenken auf. Der Parteienforscher Ulrich Sarcinelli von der Universität Koblenz-Landau steht mit seiner Einschätzung, der Streit könne Regierungschef Beck »in der Tat gefährlich werden«, nicht alleine da.

»Näher bei de Leut«

Große Aufmerksamkeit hat in Parteikreisen ein Schreiben des SPD-Ortsvereins Bad Ems mit seiner Vorsitzenden Ursula Mogg gefunden. Die frühere Bundestagsabgeordnete gibt in dem Brief ihrer Sorge Ausdruck, dass das Thema Justizreform die Partei spaltet beziehungsweise ihr schadet. Besorgniserregend sei, dass sich prominente Genossen offen gegen die Entscheidung stellten. Es sei inzwischen nicht übertrieben, so Ursula Mogg, im Zusammenhang mit den Justizplänen von einer Bürgerbewegung zu sprechen.

»Wir in Rheinland-Pfalz waren schon näher bei de Leut«, resümiert Mogg, den regionalen Dialekt nachdrücklich betonend. Sie bringt auch einen Aspekt in die Debatte ein, der an alte Wunden in der Geschichte der rheinland-pfälzischen SPD erinnert. Es würden Töne laut, so Mogg, die an die vergessenen Kämpfe zwischen dem Norden und dem Süden des Bundeslandes erinnerten. »Wir können uns jedenfalls an kein landespolitisches Thema erinnern, das diese alten Geschichten wieder aufgekocht hätte.« Die vielfältigen Widerstände wie Demonstrationen und Unterschriftenaktionen hebt die Emser SPD in den Rang einer Bürgerbewegung. Der jetzige Justizstandort Koblenz sei offensichtlich in allen Bevölkerungsschichten tief verwurzelt.

Parteienforscher Sarcinelli meint, der Konflikt zwischen dem Ministerpräsidenten und Justizkreisen sei keine Kleinigkeit. Ein wesentlicher Punkt werde sein, ob mit der Fusion der Justizstandorte tatsächlich erhebliche Mittel eingespart werden könnten.

Ein Volksentscheid?

Auf diesen Punkt hatte auch Becks Koalitionspartner Die Grünen hingewiesen. Sie würden, so betonten sie, die Fusion nur mittragen, wenn es einen »substanziellen« Einspareffekt gebe. Die Landes-CDU hat unterdessen angekündigt, sie würde einen Volksentscheid unterstützen, um das entsprechende OLG-Gesetz zu Fall zu bringen. Diese Befragung wird vom Verein »Pro Justiz Rheinland-Pfalz« erwogen, dem auch Sozialdemokraten angehören.

Würde die rot-grüne Regierung diese Abstimmung verlieren, käme dies einem klaren Misstrauensvotum gleich. Oppositionsführerin und CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner, die die Landtagswahl im März nur knapp verloren hatte, erklärte Inzwischen, Beck werde wegen des Streits sein Amt wohl früher als geplant abgeben. »Lange wird es wohl nicht mehr dauern«, ließ sie verlauten. Ein Regierungssprecher konterte: »Frau Klöckner hat damit ihre erste Sprechrolle im Sommertheater gehabt – wenn auch als Komödiantin.« Der seit 17 Jahren regierende Ministerpräsident hatte nach der Wahl erklärt, er wolle bis 2016, also die ganze Legislaturperiode, im Amt bleiben.

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