Vorwurf des Versagens an Polizei

Hubschrauber blieben trotz Terrors am Boden

  • André Anwar, Stockholm
  • Lesedauer: 2 Min.
Noch am Sonntag hatte Regierungschef Jens Stoltenberg indirekt vor einer voreiligen Verurteilung der Polizei gewarnt. Schon da wunderten sich viele Norweger, warum die Polizei 90 Minuten gebraucht hatte, um die 40 Kilometer von Oslo entfernt gelegene Insel Utöya zu erreichen.

Am Montag war die Schonfrist vorbei. Polizeichef Anstein Gjengedal und seiner Behörde wurde von Politkern und Angehörigen der Opfer erstmals offen Versagen vorgeworfen. Gjengedal widersprach: »Wir waren schnell da«, beteuerte er im norwegischen Fernsehen. Die Antiterroreinheit »Delta« habe sich am Freitag sofort nach dem ersten Alarmruf auf den Weg zur Insel gemacht – trotz des Chaos auf der Dienststelle, das durch die vorhergehende Bombenexplosion in Oslo ausgelöst worden war.

Am Wochenende hieß es dagegen noch, der überlastete Notrufdienst habe viel zu lange gebraucht, bis die zahlreichen Handy-Notrufe von der Insel ernst genommen und die richtige Einheit der Polizei alarmiert worden seien.

Gjengedal stellte im Fernsehen richtig, dass seine Leute so lange brauchten, weil die Osloer Polizei ihren Polizeihubschrauberdienst wegen der Sommerferien bis Anfang August eingestellt hatte. Dies nicht unbedingt aus Geldnot. Es sei einfach die sinnvollste Ferienplanung gewesen, erklärt Polizeiinspektor Johan Fredriksen dem Rundfunksender NRK: »Wir haben nur eine begrenzte Zahl von Beamten, die Helikopter fliegen können. Der Polizeidistrikt Oslo lässt immer alle gleichzeitig Ferien im Sommer machen, damit wir den Rest des Jahres nicht mit verminderter Einsatzstärke auskommen müssen.«

Autos seien als Transportmittel unter den gegebenen Umständen »einfach das Schnellste« gewesen, erklärte Gjengedal. Beim Übersetzten auf die Insel, die 600 Meter vom Festland entfernt liegt, soll dann auch noch der Bootsmotor gestreikt haben. So hatte der Attentäter für sein Mordwerk 90 Minuten Zeit. Beim Eintreffen der Polizei legte er seine Waffen sofort nieder.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal