Tafelgerät und Reichsschwert

Schloss Charlottenburg präsentiert »Kronschatz und Silberkammer«

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 3 Min.
Tafelgerät und Reichsschwert

Perücken über Perücken. Darunter die Höflinge, die auf dem Bild von der Krönung Friedrichs I. und seiner Frau Sophie Charlotte 1701 in Königsberg an der öffentlichen Tafel teilnehmen. Von unten staunt das Hofvolk den erhoben thronenden neuen König und seine Krone an, bewundert auch das auf zwei Buffets platzierte Silber und Glas als Zeichen herrscherlichen Reichtums. Links unten schmettern auf der Darstellung Fanfaren, oben spielen Streicher. So leitet im Schloss Charlottenburg die Ausstellung »Kronschatz und Silberkammer« ihre Preziosenpräsentation ein.

Während zweier Jahre wurden für rund 1,24 Millionen Euro die Räume saniert, die jetzt gut 600 fürstliche Dauerleihgaben aus dem Schatz der Hohenzollern bewahren. Die erste Vitrine informiert über stufenförmige Silberbuffets, wie sie seit dem Mittelalter zur Schaustellung wertvollen Tafelgeräts sowie prunkvoller Huldigungsgeschenke üblich waren. Gezeigt werden die ältesten erhaltenen Schmiedearbeiten aus der Silberkammer der Hohenzollern: ein Bacchusknabe von 1660 als Tafelaufsatz; Kettenflaschen von 1681; teilvergoldete Münzhumpen, Geschenke wohl aus Magdeburg; Lavabogarnituren fürs rituelle Handwaschen. Jener Kurfürst Friedrich III., der 1701 die Königswürde errang, stiftete etwa nach dem Vorbild des englischen Hosenbandordens und des dänischen Elefantenordens den Hohen Orden vom Schwarzen Adler als höchste Auszeichnung durch den Regenten – und verlieh sich ihn in schönem Verständnis gleich selbst. Die Ordenskette mit Darstellungen des Adlers als Wahrzeichen, dem gravierten Motto »Jedem das Seine« und dem achtspitzigen blauen Kreuz als Motiv wurde Teil der Kroninsignien.

Unter Preußens erstem König erlebte in Brandenburg-Preußen die Glaskunst eine Blütezeit, als es gelang, klares Kristallglas herzustellen, das man schleifen sowie eingeschnitten verzieren konnte. Gut 20 solcher, in der Silberkammer verwahrter, Buffets schmückender, oft speziell für das Zutrinken gefertigter Gläser weisen das aus. Üppig gedeckte Tafeln stehen bis zum Ende der Monarchie für das fürstliche Repräsentationsbedürfnis; bei Bedarf konnte man das Silber einschmelzen und zu Münzen machen.

Ein Krieg brachte Meißner Porzellan nach Preußen. Friedrich II. gab jener Manufaktur genaue Dekorwünsche. Teile eines dieser Service mit Weinblättern sind zu bewundern: Teller, Terrine, Warmhalteglocken. Bereits seine Mutter sammelte erste Exponate, hauchzart und transparent, entworfen von Kaendler, bemalt von Herold. Sohn Friedrich bestellte ab 1762 viele weitere Service, das Japanische etwa, das mit Blütengirlanden oder »preußisch-musikalischem Dessin«, das Möllendorff-Service für drei Gänge, auch das service à la francaise, bei dem sich dicht an dicht das Geschirr drängte. Zudem gründete er 1763 Berlins Königliche Porzellanmanufaktur, deren Hauptauftraggeber und Eigentümer er war und die auch entzweite Meißen-Stücke nachfertigte. Schlichter gestalteten sich Service späterer Könige, manches entworfen von Schinkel. Ab 1800 servierte man à la russe, also in Menüfolge. Die Mitte des Tisches dekorierten fortan Tafelsätze, so aus korinthischen Säulen mit Victorien, die Preußens Sieg über Napoleon von 1815 feiern.

Als Zeichen von Macht und Herrschaft stehen die Insignien und Juwelen des Kronschatzes. Er besaß als Summe aller Gegenstände aus Fürstenbesitz symbolische Bedeutung, wurde lediglich bei Zeremonien eingesetzt und war unveräußerlich. Die Ausstellung wartet mit den Goldgestellen zweier Kronen auf: der Friedrichs I., die, alle verloren, 153 Diamanten, 28 Brillanten, 56 Perlen trug und 1861 auch Wilhelm I. krönte, sowie der von Friedrichs Gattin Sophie Charlotte. Acht kostbarst verzierte Tabatièren steuerte Friedrich II. bei, Königin Luises Ohrgehänge lassen ererbte Diamanten funkeln. Pompöse Tafelaufsätze stammen aus prinzlichen Haushalten, Silber und Porzellan vom Hof Wilhelms II., so das Damaskus-Service. Zur Hochzeit seines ältesten Sohns 1904 entstand unter Leitung von Stadtbaudirektor Ludwig Hoffmann und Mithilfe namhafter Künstler Tafelsilber aus 2600 Teilen für 50 Personen.

Schloss Charlottenburg, Spandauer Damm 20-24, Di.-So. 10-18 Uhr.

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