Natur und Kultur

  • Lesedauer: 2 Min.

Fotos von Andreas Kämper. Oben eine Szene vom Gut Pommritz, Modellprojekt einer ökologisch-sozialen Landkultur. Eine Idee des Idealisten Rudolf Bahro. Lebensraum-Fahrt ins Offene, mitten in selbstgewählter Abgeschiedenheit; Lebens-Raumfahrt quasi ins Normalwelt-Abgewandte: die bloßen Konsumenten nur noch von ferne sehen.

Kämper ist dort fotografierend Teilhaber gewesen, so wie er bei Mönchen, Obdachlosen, Volksbühnenschauspielern Teilhaber alternativer Existenzweisen war. Wen er für seine Serien fotografiert, der wird ihm nie zum Gegenstand. Dem entgegen steht zu viel Sanftheit dieses eintauchenden Weitererzählers.

Die beiden jungen Männer auf dem Foto oben: Selbst-Versorger beim Tagwerk; zwei begegnen einander so, dass Georg Maurers Verszeile in den Sinn kommt: »Arbeit ist die große Selbstbegegnung des Menschen«; Natur ringsum fühlt sich so ungewohnt sicher, dass sie ihre schönen Konturen zeigt. Du zählst mit in ihr. Sie zählt auf dich.

Es gibt leider auch die andere Annäherung von Natur und Kultur. Ein Betonpfahl zwischen gestutzten Bäumen. Die Kamera geht gleichsam in die Knie. Als bilde sie nicht ab, sondern sende ein Stoßgebet zum Himmel – der leer ist, als sei er vor dem kalten Bild geflohen, darüber er sich nicht länger wölben möchte.

Das Foto unten kann man traurig wie heiter lesen. Eine Baggerschaufel, aus dem All gefallen. Was wird noch auf uns niederstürzen? Mutter und Kind: fliehende Punkte des Lebendigen. Oder: über alles Wuchtige triumphierende, auf uns zukommende Punkte des Lebendigen – so wie diese Zwei sieht jeder Neuanfang aus, und der findet immer sein großes freies Feld.

Die Kunstkritikerin Ingeborg Ruthe sprach kürzlich in Luckenwalde – wo bis Ende Oktober, im Kreishaus, Bilder Kämpers zu sehen sind – vom Gespür dieses Fotografen fürs »Vorgefundene«. Verweis auf Ehrfurcht, Demut, Vorsicht: Die Kamera möge nichts zerschlagen mit ihrer Kraft der Ausleuchtung. Kämper geht in die Welt, als sähe er im Morgenlicht ein wunderschön leuchtendes Spinnennetz, und nun will er, nichts verletzend, hinein in dies Kunstwerk, aus ihm heraus sich ein Bild machen – es muss doch so viel Leichtigkeit möglich sein, auf den silbernen Fäden zu tanzen ... Ist nicht möglich.

Möglich aber bleibt der Traum. Mit ihm geht Kämper weiter, im Gemüt den Satz des großen Fotografen Cartier-Bresson: Verstand, Auge und Herz seien auf eine Linie zu bringen. Gilt nicht nur fürs Fotografieren.

Hans-Dieter Schütt

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal