Die totale Shopping Mall

Mainzer wehren sich gegen Neubaupläne

  • Robert Luchs, Mainz
  • Lesedauer: 2 Min.
Pläne für eine Shopping Mall, ein riesiges Einkaufszentrum nach amerikanischem Muster also, versetzt Mainz in Aufregung. Der Widerstand wächst.

Nicht nur alteingesessene Bürger der rheinland-pfälzischen Hauptstadt befürchten gravierende Änderungen im Stadtbild. Auch die katholische Kirche mit Kardinal Lehmann wehrt sich gegen einen »überdimensionalen Neubau« einer Shopping Mall im Herzen der Mainzer Altstadt, Lokalpolitiker kommen in seitenlangen Interviews zu Wort. Der Mainzer Kabarettist Lars Reichow fordert spöttisch, in dem umbautem Raum von 60 000 Quadratmetern mindestens 10 000 Quadratmeter für Fleischwurst-Stände zu reservieren – eine Spezialität in Mainz nicht nur zur Fastnachtszeit.

Kritik vom Kardinal

Inzwischen ist eine »Bürgerinitiative zur Neugestaltung an der Ludwigstraße« ins Leben gerufen worden, die sich gegen eine Stadt in der Stadt zur Wehr setzen will. Rund 150 Menschen waren am Montagabend im Rathaus zusammengekommen, um die offizielle Gründungsversammlung der Initiative am 22. August vorzubereiten.

Die Initiative will zum Sprachrohr der Bürger gegenüber Investoren, Politik und Verwaltung werden. Sie fordert eine offene Planung, alle Alternativen müssten auf den Tisch. Der Mainzer Kardinal Lehmann hatte sich schon vor einiger Zeit eingeschaltet. Die Bürger wollten im Stadtzentrum keinen »übermächtigen Klotz, der alles überragt und sich gar noch zu einem gigantischen Konsumtempel aufspreizt«, schrieb er in der Bistumszeitung. Es gehe auch um die Grenzen der Kommerzialisierung des Stadtinneren. Die bisherigen Pläne sehen auch die Einbeziehung von zwei Gebäuden vor, die dem Bistum gehören. Dieses sieht bisher keinen Grund, die fraglichen Areale zu verkaufen.

Die für Bauen, Denkmalpflege und Kultur zuständige Dezernentin Marianne Grosse (SPD) verwies in einem Interview darauf, dass der Investor ECE am 31. August im Stadtrat und danach beim Ludwigsstraßen-Forum nur erste Grundzüge seines Konzepts vorstellen werde. Außerdem, so Grosse, habe die Stadt das entscheidende Wort – es müsse eine mainz-spezifische Lösung gefunden werden, die in »das sensible historische Stadtgefüge« passt.

Als Baudezernentin werde sie darauf drängen, betonte Frau Grosse, dass ein Fassadenwettbewerb durchgeführt wird. Auch solle darauf geachtet werden, dass in dem Neubau »auch anderes städtisches Leben« einziehe – vielleicht eine Kindertagesstätte und Raum für kulturelle Angebote.

Drei Minuten schneller

Der Kabarettist Reichow malt sich bereits Stuttgarter Verhältnisse aus, wenn er, den Schalk im Nacken, im Zusammenhang mit der Mall von einer Untertunnelung des ehrwürdigen Mainzer Doms spricht, die eine Beschleunigung um drei Minuten bringen würde. Der CDU-Politiker Heiner Geißler, der vor Jahrzehnten in Mainz wohnte, so Reichow weiter, könnte schließlich den Moller-Bau (Staatstheater) erklettern, um von dort den Mainzern zuzurufen: »Wollt ihr die totale Shopping Mall?«

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