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NATO will in Libyen weiter präsent sein

Optionen auf Luftraumüberwachung und Küstenkontrolle / Rebellen: Aufstand kostete 50 000 Tote

  • Lesedauer: 3 Min.
Die NATO will auch nach einem Ende des Militäreinsatzes in Libyen weiter Flagge zeigen. NATO-Soldaten könnten für eine begrenzte Zeit den Luftraum überwachen und Schiffe vor der Küste Libyens kontrollieren.

Brüssel/Bengasi (Agenturen/ND). Eine weitere Paktpräsenz im Luftraum und vor der Küste Libyens vereinbarten die Vertreter der 28 NATO-Staaten am Mittwoch im NATO-Rat in Brüssel. Eine Entsendung von Bodentruppen ist derzeit offiziell nicht im Gespräch.

In Brüssel hieß es, Voraussetzung für eine Fortsetzung des NATO-Einsatzes sei, dass die künftige libysche Regierung dies wünsche. Der Vorschlag Frankreichs, eine Beobachtermission mit deutscher Beteiligung nach Libyen zu schicken, hat indes wohl wenig Chancen auf Verwirklichung. »In unseren Gesprächen mit dem Übergangsrat wird ganz deutlich, dass die Libyer jede Art eines militärischen Einsatzes durch die UNO oder andere verhindern möchten«, sagte der Libyen-Sondergesandte Ian Martin in New York.

Frankreichs Außenminister Alain Juppé hatte in einem Gespräch mit der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« für eine Beobachtermission geworben. »Man wird Beobachter nach Libyen entsenden müssen. Es braucht eine Wiederaufbautruppe, aber keine Interventionstruppe.« Frankreich »wäre froh darüber», wenn Deutschland sich an einer Beobachtermission beteiligte, betonte Juppé weiter.

Unterdessen gibt es nach dem Ultimatum der Rebellen in der Heimatstadt des langjährigen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, Sirte, bislang keine Anzeichen für eine Kapitulation. Die Bevölkerung in der rund 75 000 Einwohner zählenden Küstenstadt sei gespalten, berichtete der Nachrichtensender Al-Dschasira. Eine Hälfte plädiere für Kampf, die andere Hälfte für Kapitulation. Stammesälteste versuchten, die Gaddafi-Truppen wenigstens davon zu überzeugen, dass im Fall eines Kampfes Frauen und Kinder zuvor die Stadt verlassen könnten. Nach Rebellenangaben kamen seit Beginn des Aufstandes gegen Gaddafis Regierung vor sechs Monaten mindestens 50 000 Menschen ums Leben. Unabhängige Schätzungen lagen im Detail nicht vor.

Auch die in der Wüste gelegene Garnisonsstadt Sebha hat bislang das Ultimatum der Rebellen nicht akzeptiert. Die neuen Machthaber fordern, dass die letzten Gaddafi-Getreuen ihre Waffen bis zur Nacht vom Freitag zum Sonnabend strecken.

Eine Woche nach dem Fall der Hauptstadt Tripolis wollen nach Angaben der Aufständischen immer mehr Mitglieder aus dem inneren Zirkel Gaddafis aufgeben. Zu ihnen soll auch Gaddafis Sohn Al-Saadi gehören. Der für Tripolis zuständige Rebellenkommandeur Abdelhakim Belhadsch sagte Al-Dschasira: »Er hat darum gebeten, Teil der Revolution zu werden. Er bat um Garantien, damit er zu seinen Leuten in die Hauptstadt Tripolis zurückkehren kann. Er deutete an, wo er sich versteckt hält.« Die Rebellen haben nach den Worten von Belhadsch auch »unbestätigte Berichte, wo sich Gaddafi aufhält«. Arabische Medien spekulierten, dass der 69-Jährige in Bani Walid südlich von Tripolis untergetaucht sei. Die Stadt stehe unter dem Schutz der Warfalla, des größten libyschen Stammes, so der arabische Nachrichtensender Al-Arabija. Dagegen behauptete ein ehemaliger Leibwächter von Gaddafis Sohn Chamis, dass sich der Ex-Staatschef in die 770 Kilometer südlich von Tripolis gelegene Garnisonsstadt Sebha abgesetzt habe.

Derweil bleibt die Versorgungslage in der libyschen Hauptstadt kritisch. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon bat in New York die internationale Gemeinschaft um schnelle Hilfe. Nach jüngsten Schätzungen seien 60 Prozent der Einwohner in Tripolis ohne Wasser- und Abwassersysteme. Es sei unklar, wie lange die Reparatur von Pumpen noch dauern werde, sagte Ban Ki Moon.

73 der 193 UNO-Mitgliedsstaaten haben den Übergangsrat als rechtmäßigen Vertreter des libyschen Volkes anerkannt. China gehört nicht dazu. Allerdings will China einen offiziellen Beobachter zur internationalen Libyenkonferenz an diesem Donnerstag in Paris schicken.

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