Jugendstilperle mit ungewisser Zukunft

Die Stadt Nürnberg findet keinen Investor für ihr altes Volksbad

  • Benjamin Huck, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Es ist mehr ein Badetempel als eine Schwimmhalle. Wer das Nürnberger Volksbad besuchte, tat dies stets auch ein bisschen der Architektur wegen. Doch der Glanz der Jugendstilperle ist längst verblasst – die Zukunft des knapp 100 Jahre alten Bades ist seit Jahren ungewiss.

Nürnberg (dpa/ND). Wenn man das alte Nürnberger Volksbad betritt, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Am Eingang wird man noch von den alten Eintrittspreisen begrüßt: Fünf Mark kostete einst das Badevergnügen für einen Erwachsenen. Auch der Umkleidetrakt wirkt wie aus einer anderen Zeit – als die Kabinen zugleich Schließfächer waren und sich direkt zum Schwimmbecken hin öffneten. Von den Wänden blättert der Putz, in der Luft liegt Moder-Geruch. Die Schwimmbecken sind leer. Die letzten Badegäste hatten sich hier 1995 getummelt. Seitdem ist die Jugendstilperle verwaist.

Die Stadt Nürnberg als Eigentümerin des Gebäudes sucht seit Jahren nach Investoren, die wieder Glanz in den Bau bringen sollen. An Vorschlägen mangelt es nicht: Mal soll das an eine römische Therme erinnernde Bad eine Reha-Klinik aufnehmen, mal stand ein Einkaufszentrum zur Debatte. Beide Pläne scheiterten. Und auch die letzte Ausschreibung im Jahr 2009 lieferte keine verwertbaren Vorschläge, erklärt der Leiter des städtischen Liegenschaftsamtes, Claus Fleischmann. Meist schreckten potenzielle Investoren die hohen Sanierungskosten des denkmalgeschützten Gebäudes ab.

Die hohen Reparaturkosten waren es auch, die die Stadt Nürnberg vor 16 Jahren dazu bewogen, den Jugendstilbadetempel zu schließen. »Schon damals waren die Sanierungskosten sehr hoch, heute belaufen sie sich auf etwa 30 Millionen Euro«, sagt Fleischmann. Daneben schreckt auch die ungünstige Verkehrslage in unmittelbarer Nachbarschaft der Nürnberger Verkehrsdrehscheibe Plärrer ab; in der ganzen Umgebung fehlt es an Parkplätzen. Dennoch, so versichert Fleischmann, will die Stadt Nürnberg das Gebäude erhalten, an Abriss sei nicht gedacht.

Dass die Stadt Nürnberg heute mit dem Volksbad ein Jugendstilkleinod besitzt, verdankt sie den späten Bauplänen. Erst im Jahr 1914 wurde es eröffnet. Das bot den Baumeistern die Chance, dem neuen Jugendstil zu huldigen. Die »Jugendstilperle« beherbergt drei Schwimmhallen sowie ein Dampfbad mit Cafeteria. Im Zweiten Weltkrieg wurden Teile des Bauwerks zerstört, Ende der 1950er Jahre jedoch wieder aufgebaut. In den 1970er Jahren bekam das Bad zunehmend Konkurrenz; neu eröffnete moderne Hallenbäder zogen frühere Volksbad-Besucher an. Auch eine Sanierung des Bades in den 1980er Jahren konnte das Aus nicht verhindern.

Der Förderverein »Erhaltet das Volksbad« kämpft derweil seit Jahren für eine Rettung des Bades. Er möchte es in mehreren Schritten wieder zu einem Badetempel machen, erklärt Paul Müller vom Förderverein. Wichtig sei nun, das Bad erst einmal wieder ins Bewusstsein der Nürnberger zu bringen, betont Müller. Ein Gespräch zwischen dem Vereinsvorsitzenden Martin Linek und Oberbürgermeister Ulrich Maly sei positiv verlaufen. Jetzt müsse man eine Bestandsaufnahme über die genauen Sanierungskosten erstellen.

In eine andere Richtung gehen dagegen die Pläne des Vereins Arabisches Museum Nürnberg. Der könnte sich darin gut ein Museum über interkulturelle Beziehungen der arabischen Welt zu Asien und Europa vorstellen. Eingerichtet werden könnte dabei auch ein Hamam – ein orientalisches Bad. Ein Architekturbüro prüft derzeit, was ein solcher Umbau kosten würde.

Ganz ungenutzt ist das alte Bad heute jedoch nicht. Bis Oktober ist es an jedem Wochenende für »Fotoshootings« gemietet: Fotografen nutzen dabei das Bad als ungewöhnliche Kulisse für Modeaufnahmen. In den Räumen des alten Fundbüros betreibt ein Kulturverein seinen Treffpunkt.

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