Leitfaden für Klage gegen Wasserverträge

Juristen erarbeiteten Schritte, wie Abgeordnete wegen der Teilprivatisierung vor Gericht ziehen könnten

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

»Nichtigkeit der Berliner Wasserverträge und ihre Geltendmachung.« Dies der Titel einer 37-seitigen Schrift, die gestern in der Berliner Verbraucherzentrale vorgestellt wurde. Sollten die Inhalte und Annahmen zutreffen, bietet der »juristische Leitfaden« einigen politischen Sprengstoff.

Denn geht es nach dem Arbeitskreis unabhängiger Juristen, der sich im Anschluss an den erfolgreichen Volksentscheid zum Berliner Wasser vom 13. Februar zusammengefunden hatte, um die offengelegten Verträge zu prüfen, können klageberechtigte Abgeordnete ab sofort im Rahmen eines sogenannten Organstreitverfahrens gegen die Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe (BWB) vorgehen. »Unsere Abgeordneten haben durchaus Möglichkeiten, die Verträge anzufechten«, sagt Thomas Rudek, der Sprecher des Volksentscheids für die Grüne Liga.

Konkret meint der Kreis um die federführende Juristin Sabine Finkenthei bei der Sichtung der Vertragsunterlagen herausgefunden zu haben, dass die Teilprivatisierungsverträge der Wasserbetriebe von 1999 gegen die Landesverfassung verstoßen würden. Und zwar weil der Paragraf in den Verträgen, in dem den privaten Investoren RWE und Veolia quasi eine Gewinnausfallgarantie gewährt wird, nicht vereinbar mit dem Budgetrecht des Abgeordnetenhauses ist. »Ohne gesetzliche Grundlage darf der Senat nicht einfach Sicherheiten und Bürgschaften vergeben«, betont Sabine Finkenthei. Demnach gibt es für die Vertragsklausel keine rechtliche Grundlage. Und damit wäre nicht nur die Klausel, sondern der gesamte Vertrag zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe nichtig.

Soweit die Theorie. Ob tatsächlich gegen das Budgetrecht verstoßen wurde, muss ein Gericht feststellen. Alle Berliner Abgeordneten sollen den Leitfaden in den nächsten Tagen zugesendet bekommen. Dann wird man sehen, wer den Klageweg bestreiten wird. Die Grüne-Abgeordnete Heidi Kosche, die schon mal erfolgreich vor das Landesverfassungsgericht gezogen war, um Einsicht in die Wasser-Verträge zu erlangen, findet den neuen Vorschlag jedenfalls »sehr interessant« und will ihn prüfen. Weitere Abgeordnete erwägen überdies auf Initiative des Berliner Wassertisches mit einer »Normenkontrollklage« gegen das Berliner Betriebegesetz und damit ebenfalls gegen die umstrittenen Wasser-Verträge vorzugehen.

Auch im neuen Abgeordnetenhaus dürfte das Thema Wasser auf der Tagesordnung bleiben. Denn im Text zum erfolgreichen Volksentscheid ist festgelegt, dass sich das Landesparlament mit dem Thema in einer eingehenden Prüfung auseinandersetzen muss. Dies kann das Abgeordnetenhaus nur in Form eines Ausschusses machen – ob es einen Sonderausschuss zum Wasser geben wird oder gar einen Untersuchungsausschuss ist jedoch noch nicht endgültig entschieden.

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