Berliner Abendblätter

  • Wolfgang Hübner
  • Lesedauer: ca. 6.5 Min.

Heinrich von Kleists »Berliner Abendblätter« nahmen vor 200 Jahren mit ihrer Mischung aus Erhabenem und Schnödem ein Erfolgsrezept der Medien vorweg.

Am 24. Oktober 1810 wurden ein paar Berliner Bäcker beim Betrügen erwischt. Wachsame preußische Beamte haben deshalb bei einem Meister »für 16 Groschen zu leichtes Brod konfiszirt und dreien anderen rsp. für 2 und 4 Groschen verbackenes zerschnitten«. Am selben Tage wurde ein Torfhändler »zur Untersuchung gezogen«, der »einen hiesigen Bürger auf ½ Haufen Torf 20 Kiepen zu wenig gemessen«. Kleine Alltagsgaunereien eben; jeder sieht schließlich zu, wo er bleibt.

Wer so etwas erfahren wollte, musste damals zu den »Berliner Abendblättern« greifen – herausgegeben »täglich, mit Ausschluß des Sonntags«, auf einem Viertelbogen; abzuholen zwischen fünf und sechs Uhr abends in der Expedition hinter der katholischen Kirche, zwei Treppen hoch.

Heinrich von Kleist, der Kopf des ambitionierten Unternehmens – der unstete Schöngeist, der endlich einen geschäftlichen Erfolg zu landen hoffte –, demonstrierte gleich im »1sten Blatt« vom 1. Oktober ...


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