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PLATTENBAU

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 2 Min.

Beirut hat eine vielfältige Musikszene – nur: Wer weiß das schon? Der Schweizer Musikethnologe Thomas Burkhalter. Und er hat kein Interesse, dies Geheimnis für sich zu behalten. Beleg dafür ist »Golden Beirut« – der erste Sampler, der konsequent die Jugend des Landes zu Wort, an Mikro, Mischer und Co. kommen lässt.

Die junge Generation hat die Nase voll vom Krieg, das Vertrauen in die Politik verloren und will nichts wissen von religiösen Eiferern. Entsprechend vielfältig ist auch der Umgang mit den Verhältnissen. Wütend und rebellierend die einen, satirisch und bissig die anderen: »Golden Beirut« versucht abzubilden, was im »Paris des Nahen Ostens« musikalisch alles passiert. Die zwölf Bands, die Burkhalter auswählte, kommen aus unterschiedlichen Teilen der einst »goldenen« Stadt. Damals, in den 60er und 70er Jahren, war Beirut der Hub in die westliche Welt, stellte Tel Aviv locker in den Schatten; psychedelische Bands spielten in den hippen Beiruter Clubs.

»Deshalb haben die Israelis uns bombardiert«, erzählte einer der Musiker dem Schweizer Burkhalter. Nun versucht die Jugend, anzuknüpfen an die liberale Vergangenheit. Dazu wird auch schon mal auf Englisch gesungen, damit man denn auch draußen zu hören ist. Die Grunge-Rocker von Scrambled Eggs mit ihrem »Russian Roulette« sind dafür genau so ein Beispiel wie New Government. Nur liegen Welten zwischen dem zornigen Rock der Eggs und dem Synthesizer-Pop der »Neuen Regierung«. Das Spektrum in der Zwei-Millionen-Stadt scheint groß, alle Formen des Protests sind vertreten.

Dazu gehört auch harter Rap. Der ist besonders populär in den Flüchtlingslagern der Palästinenser. Dort ist Katibe 5 zu Hause, eine der bekannteren Formationen. Gleiches gilt für Malikah, eine junge Rapperin, die in ihren Stücken Stereotypen aufs Korn nimmt und für Freiräume eintritt. Bands wie diese haben es schwer, sich in Beirut durchzusetzen, denn dort herrscht nicht gerade ein Überangebot alternativer Auftrittsangebote.

Bands wie Mashrou’ Leila haben es da schon leichter. Ihr satirischer Folk Rock trifft vielleicht den Geschmack des einen oder anderen Wirtes, der es sich leisten kann, dem westlichen Publikum ab und an eine Band zu präsentieren. Grandios ist hingegen die Arbeit von Zeid Hamdan. Der ist gleich mit zwei Musikprojekten vertreten. Eines davon, Soap Kills, ist großartiger als das andere, Shift Z – oder war es doch umgekehrt? In jedem Fall lässt einen diese Stimme nicht so schnell wieder los – das gilt für den ganzen Trip nach Beirut.

Golden Beirut: New Sounds from Lebanon (Out here rec./Indigo)

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