»Kein Handlungsbedarf« bei Hamburgs CDU

Der rechtsextremistische Manfred Rouhs Verlag publiziert des erste Buch über Ronald Schill / Der Autor ist Unionsmitglied

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 4 Min.
Ein CDU-Mitglied hat das erste Buch über den populistischen Hamburger Innensenator Ronald B. Schill geschrieben. Der Autor Holger Stürenburg ist an der Schnittstelle von Konservatismus und Rechtsextremismus kein Unbekannter. Die hanseatische CDU indes reagiert auf den Vorgang mit Gleichgültigkeit.
Holger Stürenburg ist ein Hans-Dampf in rechten Gassen: Auf seinem publizistischen Weg hat der Endzwanziger bereits Duftmarken in den verfassungsschutzbekannten rechten Organen Junge Freiheit, Europa vorn und Nation & Europa gesetzt. Er schreibt bevorzugt über »Bands und Künstler, Politiker und Zeitzeugen, Ereignisse und Gegebenheiten aus der "Kühlen Dekade"«, womit er die 80er Jahre meint. Musik und Politik haben es Stürenburg angetan. Als politische Vorbilder nennt er in seiner Selbstdarstellung auf der Homepage www.konservativ.de so unterschiedliche Charaktere wie Franz Josef Strauß, Otto Graf Lambsdorff, Helmut Schmid, Ronald Reagan und den Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Stürenburg vermeidet es aber konsequent, einen Trennstrich zwischen »konservativ« und »rechtsextremistisch« zu ziehen. Bisweilen rezensiert der studentische Nachwuchsautor in einschlägigen Magazinen wohlwollend Bücher eines Franz Schönhuber über den französischen Rechtsextremisten Le Pen (»Der Rebell«). Stürenburg lobhudelt das »hohe Detail- und Hintergrundwissen« des ehemaligen Republikaner-Chefs und Waffen-SS-Mitglieds aus Überzeugung (»Ich war dabei«). Auch die »unübertroffene Fähigkeit« des Altrechten, »jedem politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Ereignis der heutigen Zeit ein passendes Beispiel aus der Weltgeschichte entgegenzuhalten«, hat es dem Autor angetan. Schönhuber gefiel der Text so gut, dass er ihn auf seine Homepage stellte. Starke Männer wirken offensichtlich anziehend auf den »Wertkonservativen mit anarchistischem Einschlag« (Stürenburg über Stürenburg). Zu der Kategorie der kernigen Macher zählt auch der ehemalige »Richter Gnadenlos« Ronald Schill. Erst trat der Jungautor dessen Partei in Hamburg bei, dann aber wieder aus. Jetzt hat er das erste Buch über den amtierenden Innensenator der Hansestadt vorgelegt. Die 255 Seiten wären nicht der Rede wert, wären sie nicht in dem Verlag des Kölner Manfred Rouhs erschienen, den der Verfassungsschutz seit Jahren in der Rubrik »rechtsextremistische Bestrebungen« führt. Auch der Umstand, dass der Name Stürenburg seit Oktober 2001 in der Mitgliedskartei der Hamburger CDU geführt wird, ist mehr als eine Randnotiz. Die am feinen Leinpfad residierenden Hamburger Christdemokraten sehen das aber offensichtlich anders. »Der Fall hat in der Partei keine größeren Wellen geschlagen«, beschwichtigt der Sprecher des Landesvorsitzenden Dirk Fischer. Der dezente Hinweis, dass ein CDU-Mitglied in einem Rechtaußen-Verlag und einem Magazin wie Nation & Europa publiziert, das im aktuellen Verfassungsschutzbericht als »bedeutendstes rechtsextremistisches Strategie- und Theorieorgan« Erwähnung findet, stößt auf taube Ohren. »Sein Verlag ist ins Zwielicht geraten, nicht Stürenburg selbst«, befindet CDU-Pressesprecher Michael Ohm. »Deshalb sehen wir keinen Handlungsbedarf, solange er nicht selbst verfassungsschutzrechtlich auffällt.« Den Schlapphüten dürfte allerdings kaum entgangen sein, dass das rechtsextremistische Sammlungsbecken »Deutsche Aufbau-Organistion« um den Aktivisten Carsten Stock (Ex-Republikaner) das Buchprojekt »über Monate mit Rat und Tat begleitet« hat - wie auf der Homepage der Zeitschrift »Signal« - ebenfalls ein Produkt aus dem Hause Rouhs - gemeldet wird. »Die Publikation liefert als Theorieorgan der Neuen Rechten einen Beitrag zur ideologischen Diskussion im rechtsextremistischen Lager«, lautet das Urteil des Verfassungsschutzes über das vierteljährlich erscheinende Perodikum (Auflage: 5000). Und was sagt Stürenburg selbst über die Wahl des dubiosen Verlages? Treuherzig behauptete er in der Hamburger Boulevardzeitung Morgenpost: »Das ist ein Problem, und ich bin nicht begeistert darüber. Aber kein anderer Verlag wollte das Buch.« Kein Wunder, denn passagenweise liest sich das Werk wie ein zu lang geratener Schüleraufsatz. Die mitunter unerträglichen Schwafeleien suggerieren, dass der Autor mit dem heutigen Bürgermeister Ole von Beust auf Du und Du steht: »Zwar freute ich mich für Ole, den ich seit vielen Jahren persönlich kannte und zudem sehr schätzte, dass er nun endlich Erster Bürgermeister geworden war. Ob er das persönlich, in seinem tiefsten Inneren, auch wirklich gewollt hat - das war mir nicht klar.« Sätze dieser Qualität findet der Leser in Serie. Auch der Zweite Bürgermeister (»Wir fuhren gemeinsam in Katrin Freunds "Roadster"«; die besagte Dame ist Schills Lebensgefährtin) findet keine Gnade: »Zudem missfielen mir zunehmend gewisse Verhaltensweisen Ronald B. Schills, den ich noch ein Jahr zuvor verehrt hatte.« Über die Gerüchte, die Schills Ruf als Partylöwen und Frauenbetörer untermauern sollen, plaudert Stürenburg im Stil einer Klatschtante vom Boulevard: »Auch mir gegenüber hat sich der Richter in einer Form geäußert, die durchaus vermuten lässt, dass er kein Kind von Traurigkeit ist...«.
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