Der trojanische Bär

Kommentar von Ingolf Bossenz

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Papst ist weg und guter Rat teuer. Denn des von ihm Entäußerten bemächtigen sich nun Anhänger und Widersacher gleichermaßen. Was hat er gemeint, der Heilige Vater, als er am Sonntag im Freiburger Konzerthaus die »Entweltlichung« seiner Kirche pries, als er verkündigte, die »Säkularisierungen – sei es die Enteignung von Kirchengütern, sei es die Streichung von Privilegien oder Ähnliches –« hätten »ihr missionarisches Handeln wieder glaubhaft« gemacht? War dies das Signal, auf das Kirchen, Politik und Bürger sehnsüchtig gewartet hatten? Eine »ihres weltlichen Reichtums entblößte« Kirche ohne milliardenschwere staatliche Subventionen, ohne von den Finanzämtern eingetriebene Kirchensteuern, ohne staatlich finanzierte theologische Fakultäten, ohne bevorzugte Vertretung und Einflussnahme in öffentlichen Gremien ...?

Mitnichten, meint Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Dem Papst sei es nicht um konkrete Regelungen in Deutschland gegangen. Er habe lediglich mahnen wollen, dass sich die Kirche nicht auf Privilegien ausruhen dürfe. Auch der Mainzer Bischof und Amtsvorgänger als Episkopatschef, Kardinal Karl Lehmann, ist sicher, dass Benedikts Worte »nicht direkt etwas zu tun« haben mit der Alimentierung der Kirche durch den Staat. Wahrscheinlich haben die beiden recht. Benedikt dürfte kaum an einer Befeuerung der deutschen Debatte um Staat und Kirchen gelegen sein. Schließlich fließen dank dieser Verfilzung auch dem Heiligen Stuhl jedes Jahr Millionen Euro zu.

Aber gesagt ist gesagt. Benedikts Wappentier ist der Bär – seine Freiburger Rede könnte noch ein großer Problembär werden.

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