In der Ehre verletzt

Presserat entscheidet für Bodo Ramelow

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserates hat zu einer Beschwerde von Bodo Ramelow, Vorsitzender der Linksfraktion im Thüringer Landtag, entschieden. Ramelow sah sich wegen des Abdrucks eines Leserbriefes mit beleidigendem Inhalt in der »Thüringer Allgemeinen« in seinen Rechten verletzt.

In einer monatelangen Auseinandersetzung mit der Chefredaktion des Regionalblatts Thüringer Allgemeine (TA) hat der Vorsitzende der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, jetzt Rückendeckung durch den Deutschen Presserat erfahren. Wie Fraktionssprecherin Diana Glöckner am Mittwoch auf ND-Anfrage bestätigte, hat der Beschwerdeausschuss des Presserates einer Beschwerde Ramelows stattgegeben. Das Gremium stellt fest, dass die Veröffentlichung eines Leserbriefes mit beleidigendem Inhalt über Ramelow Ende Juni in der Print- und Online-Ausgabe der TA in zweifacher Hinsicht gegen den Pressekodex verstoßen habe.

In der Ehre verletzt

In einem Schreiben des Ausschusses heißt es, die Redaktion müsse bei der Veröffentlichung von Leserbriefen dafür Verantwortung tragen, dass darin keine gegen den Pressekodex verstoßenden Aussagen enthalten seien. Genau dies sei aber bei dem fraglichen Brief nicht geschehen. Mit Begriffen wie »religiöser Spinner« oder »ideologisch-politische Flachzange«, die »von Tuten und Blasen keine Ahnung hat«, sei »die Grenze zwischen einer noch zulässigen und einer unangemessenen Darstellung« überschritten: »Die genannten Formulierungen sind nicht mehr durch das grundgesetzlich garantierte Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt und verletzen den Beschwerdeführer in seiner Ehre«, so die Begründung des Ausschusses.

Ramelow sieht darin »einen ersten großen Etappensieg« und nahm »mit Freuden diese klare Entscheidung des Deutschen Presserates zur Kenntnis«. Der Deutsche Presserat ist eine von den Zeitungs- und Zeitschriftenverlegerverbänden BDZV und VDZ sowie den Journalistengewerkschaften dju/ver.di und djv getragene Organisation. Zu den Aufgaben seiner Organe gehören die Verteidigung der Pressefreiheit, die Wahrung des Ansehens der bundesdeutschen Presse, die Beseitigung von Missständen im Pressewesen und ein ungehinderter Zugang zu Nachrichtenquellen. Der Anfang der 1970er Jahre erstmals veröffentlichte Pressekodex ist eine Art Ehrenkodex für Medienschaffende und beschreibt publizistische Grundsätze. Bei einem möglichen Verstoß kann jedermann beim Presserat Beschwerde einreichen.

Die WAZ und Springer

Der Konflikt zwischen dem Monopolblatt Thüringer Allgemeine und der Thüringer Linkspartei hat Tradition. So erklärte deren Landesvorsitzender Knut Korschewsky im Herbst 2009, große Medien gehörten in öffentliche Hand und müssten auch nach Prinzipien wie Demokratie, Autonomie, Unabhängigkeit und Staatsferne organisiert werden und arbeiten. Nur so sei das Grundrecht auf Information zu gewährleisten. Korschewsky reagierte damit auch auf die damals völlig überraschende Abberufung des TA-Chefredakteurs Sergej Lochthofen durch den WAZ-Mutterkonzern. Lochthofen hatte den Ruf, »weitaus weniger stromlinienförmig« zu sein als andere Chefredakteure in vergleichbaren Positionen. An seine Stelle setzte die Konzernzentrale damals Paul Josef Raue, bis dahin als Chefredakteur des WAZ-Ablegers »Braunschweiger Zeitung«. Raue wirkte im jüngsten Konflikt als direkter Gegenspieler Ramelows.

Der WAZ-Konzern mit Sitz in Essen gilt als drittgrößtes bundesdeutsches Verlagshaus und umfasst Medien in neun europäischen Ländern. Dieser Tage wurde bekannt, dass nun der Springer-Konzern ein Auge auf Teile der WAZ-Gruppe, darunter TA, TLZ und OTZ, geworfen hat. »Da kommt unter Umständen ein ganz schöner Brocken auf uns zu und ich bin schon jetzt gespannt, wie sich die Monopolkommission diesmal heraus redet«, kommentierte Ramelow.

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