Zauberlehrlinge

Kommentar von Dieter Janke

  • Lesedauer: 2 Min.

Das deutsch-französische Bündnis war seit Beginn der Anker der Europäischen Union. Es stand an der Wiege des Integrationsprozesses wie auch an der des Euro. Nunmehr jedoch erinnern die kontinentalen Führungsmächte eher an Goethes Zauberlehrling, dem die gerufenen magischen Geister entglitten sind. Als hilflos Getriebene können sie sich auf keine Formel einigen, die den Spuk beenden könnte. Die abgesagte Regierungserklärung der Bundeskanzlerin spricht Bände - ebenso wie der überraschend anberaumte zweite Termin für den EU-Gipfel in der kommenden Woche. Soll der Rettungsfonds EFSF als Bank operieren oder in Form einer Versicherung? Mit Blick auf die stark ins Geschäft mit griechischen Staatsanleihen involvierten französischen Banken favorisiert Staatspräsident Sarkozy ersteres, während Angela Merkel das auf jeden Fall verhindern will. Sie treibt die Sorge um, dass der Umfang des Rettungsfonds alsbald gesprengt werden könnte und wünscht sich deshalb die Lösung mit dem großem Hebel.

Neben zusätzlichem Zeitverlust und politischem Flurschaden ist jener Zoff indes nicht mehr als der Streit um Kaisers Bart - genährt von argwöhnischen Blicken auf heimische, klienteldefinierte Befindlichkeiten. Mit der Substanz der Eurokrise hat er wenig zu tun. Auf Goethes Magiermeister, dessen Befehl dem Spuk ein jähes Ende zu setzen vermochte, wird man in Berlin allerdings ebenso vergeblich warten wie in Paris.

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