Panda in den Tank!

BIOlumne

  • Reinhard Renneberg, Hongkong
  • Lesedauer: 3 Min.
Panda in den Tank!

Das chinesische Nationalsymbol, der immer freundlich lächelnde Pandabär, könnte vielleicht helfen, den steigenden Energiehunger Chinas und der Welt zu stillen. Wie? Nun, der Allesfresser ernährt sich von Bambus, sagenhaften zwölf Kilo pro Tag. Das kann der Pandabär, obwohl er - wie auch wir Menschen - keine Enzyme hat, um dessen Hauptenergieträger Zellulose zu verdauen. Irgendetwas muss er also besser machen.

Wie Stärke enthalten auch die Zellulose-Molekülketten Glucose, allerdings chemisch ganz anders verknüpft. Deshalb passieren sie unser Verdauungssystem unverdaut. Für Stärke hingegen haben wir Enzyme (Amylasen) im Speichel und im Darm, die deren Moleküle zerlegen. Kauen Sie mal Brot ganz lange - am Ende schmeckt es süß! Die Stärke wurde mithilfe der Enzyme in Zucker umgewandelt. Auf Gras oder Holz kann man jedoch so lange kauen, wie man will, es wird nichts passieren.

Über Zellulose spaltende Enzyme (Zellulasen) hatte ich schon 2007 in einer Biolumne berichtet: Mein chinesischer Kollege Professor Wu fand damals voller Entsetzen nach nur zwei Monaten Abwesenheit seine wertvollen chinesischen Möbel von Termiten zu Pulver zerlegt vor. Denen ermöglichen es kleine Einzeller im Darm Holz, genauer die Zellulose darin, zu verdauen.

Professor Fuwen Wei und seine Kollegen vom Zentrallabor für Tierökologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Beijing hatten die für Chinesen naheliegende Idee: Sie suchten beim Pandabären, oder richtiger in den Endprodukten seiner Verdauung. In gesammeltem Kot (Englisch »poo«) von Pandas analysierten sie mehr als 5000 DNA-Sequenzen. Sie verglichen die Sequenzen mit denen aus dem Kot anderer Grasfresser und fanden unter den Bakterien sieben neue Clostridium-Arten, die Zellulose abbauen. Deren Zellulasen »zerhacken« die sperrigen Zellulose-Polymere in »bakterien-mundgerechte« Glucose-Moleküle, die dann von den Clostridien begierig aufgenommen werden.

Der Nutzen für uns? Die weltweit rasant wachsende Bioenergie-Industrie konzentriert sich derzeit auf Mais, Soja und Zuckerrohr. Damit konkurriert Biosprit mit Nahrung! »Pack den Hunger in den Tank«, kommentieren bissig viele Kritiker. Die Zellulase produzierenden Clostridien des Pandas würden die nutzbare Rohstoffpalette jedoch um einiges erweitern: Gras, Getreideabfälle, Holz- und Pflanzenreste jeglicher Art würden Biosprit liefern.

Ich bin im Kontakt mit einem Kollegen in Indien. Er forscht ebenfalls an Zellulasen. Dort gibt es zwar keine Pandas, aber Unmengen von Elefanten. Und diese strikt vegetarischen Dickhäuter produzieren gewaltige Mengen Dung: fünf Tonnen pro Rüsseltier und Monat. Das sind ca. 160 Kilogramm pro Tag und bei etwa 60 000 Tieren 3,6 Millionen Tonnen pro Jahr ... ein echtes Entsorgungsproblem! Mit Hilfe von Zellulasen könnte der Elefanten-»poo« aber zu Biogas oder Alkohol »umgebaut« werden.

Wie schreibt mein indischer Kollege: »Wenn ich eine Elefanten-Dung-Probe einsammle, denke ich oft: Wie gut, dass Elefanten nicht FLIEGEN können!« Offenbar hat er noch nichts von Dumbo gehört ...

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