»Fairer Prozess«

Gaddafi-Sohn Saif al-Islam gefangen genommen / Libysche Führung will ihn nicht nach Den Haag überstellen

  • Lesedauer: 3 Min.
Die neue libysche Führung hat dem nach monatelanger Flucht gefassten Gaddafi-Sohn Saif al-Islam einen fairen Prozess versprochen.

Tripolis (AFP/nd). Dem 39-jährigen Saif al-Islam solle ein »fairer Prozess« im Einklang mit internationalen Gesetzen gemacht werde, erklärte der neue libysche Regierungschef Abdel Rahim al-Kib am Wochenende in Sintan. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) forderte die Führung in Tripolis zur Zusammenarbeit auf.

Die libysche Justiz werde mit dem Strafgerichtshof in Den Haag in Kontakt treten, um zu bestimmen, wo Saif al-Islam der Prozess gemacht werden solle, erklärte Kib. Er ließ aber durchblicken, dass der Gaddafi-Sohn in seiner Heimat vor Gericht gestellt werden soll. »Jede Kooperation mit internationalen Organisationen ist willkommen«, so der Premier.

Saif al-Islams Festnahme war am Sonnabend verkündet worden. Nach Angaben von Justizminister Mohammed al-Allagui wurde er im Süden des Landes gestellt. Der Anführer der militärischen Gruppierung, die Saif al-Islam fasste, sagte, der Gaddafi-Sohn wurde in der Nacht zum Sonnabend »um 1.30 Uhr« in der Region Wadi al-Adschal gefangen genommen.

Ein weiterer an der Festnahme beteiligter Kämpfer sagte, Saif al-Islam sei gemeinsam mit fünf Begleitern in einem Konvoi aus zwei Fahrzeugen gefasst worden. Die Männer seien bewaffnet gewesen, hätten aber keine Zeit gehabt, sich zu wehren. Saif al-Islam soll versucht haben, sich nach Niger abzusetzen, ein Begleiter soll die Wegstrecke an die Kämpfer der neuen Führung verraten haben.

Saif al-Islam wurde später am Sonnabend in das 170 Kilometer südwestlich von Tripolis gelegene Sintan geflogen. Ein Foto zeigte, dass er an einer Hand verletzt war. Nach Angaben von Militärführern wurde er verletzt, als sein Konvoi Mitte Oktober bei der Flucht aus der gefallenen Gaddafi-Hochburg Bani Walid bombardiert wurde. Saif al-Islam ist der zweitälteste und bekannteste Sohn Muammar al-Gaddafis, jahrelang wurde er als wahrscheinlicher Nachfolger seines Vaters gehandelt. Er galt lange Zeit als reformorientiert, schlug im Verlauf der Gefechte, die vor allem durch massive Luftangriffe der NATO zum Sturz des Staatschefs führten, aber einen zunehmend unversöhnlichen Ton an. Nach der Eroberung von Tripolis durch die Aufständischen Ende August war Saif al-Islam untergetaucht.

Der IStGH in Den Haag hatte am 27. Juni einen Haftbefehl gegen Saif al-Islam ausgestellt; die Anklage wirft dem 39-Jährigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Ein Gerichtssprecher erklärte, die neue Führung in Tripolis sei grundsätzlich zur Überstellung des Gaddafi-Sohnes verpflichtet. Allerdings gebe es auch die Möglichkeit, den Prozess in Libyen abzuhalten. Die libyschen Behörden könnten in Den Haag ein entsprechendes Vorgehen erwirken. IStGH-Chefankläger Luis Moreno-Ocampo will im Laufe der Woche nach Libyen reisen, um mit Vertretern der Übergangsregierung über den Fall zu sprechen.

Unterdessen ist nach Angaben der Übergangsregierung auch der ehemalige Geheimdienstchef Abdullah Senussi gefasst worden. Das wurde am Sonntag gemeldet. Senussi wurde vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ebenso per Haftbefehl gesucht wie der Gaddafi-Sohn Saif al-Islam.

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