»Wir sind das eine Prozent!«
Occupy-Demonstranten besetzen Washingtonplatz / Satirischer Flashmob vor Finanzbehörde
»Geld, Geld, Geld!« skandierte eine Handvoll junger Menschen vor dem Bundesministerium der Finanzen, während Passanten irritiert stehen blieben. Bekleidet mit opulenten Fellmützen und großen Sonnenbrillen hatten sie sich am Portal der Behörde zusammengefunden. In den Händen hielten sie Schilder: »Profit« stand darauf und »Gier«. In Sprechchören gab sich die Gruppe als »das eine Prozent« zu erkennen - in Umkehrung des Slogans der Occupy Wall Street-Bewegung (»Wir sind 99 Prozent«).
»Wir fühlen uns von den Demonstrationen bedroht und wollen, dass Herr Josef Ackermann unsere Rechte vertritt«, erklärte eine junge Frau dem Wachpersonal, das ihr den Zutritt zum Gelände verwehrte. Ginge es nach ihr, würde das Occupy-Protestcamp am ehemaligen Bundespressestrand sofort geräumt und Deutsche-Bank-Chef Ackermann zum Präsidenten ernannt, behauptete sie. Nach wenigen Minuten war das Spektakel zu Ende, die Gruppe weitergezogen.
»Wir fordern harte Dinge«, erklärt Kristian Schneidewind. Er hat den Flashmob mitorganisiert und hofft, auf diese Weise Sympathisanten für die Occupy-Bewegung zu gewinnen. »Wut berührt die Bürger oft mehr«, meint der junge Mann.
Rund 30 Personen waren bereits gegen Mittag vom Protestcamp am Spreeufer aufgebrochen und zum Hauptbahnhof gezogen. Mit Zelten und Transparenten hatten sie sich auf dem Washingtonplatz niedergelassen. In einer Pressemitteilung hatte das Bündnis Occupy Berlin zuvor angekündigt, ein weiteres Camp »an einem attraktiven Ort« errichten zu wollen. Gespräche zwischen Demonstranten und der Deutschen Bahn habe es bereits gegeben - das Unternehmen aber habe sich nicht zuständig gefühlt. Auch die Polizei griff zunächst nicht ein. »Wir hoffen, dass es eine schöne, humorvolle, entspannte Aktion wird«, sagte Johannes Ponader von Occupy Berlin einer Nachrichtenagentur.
Seit fast zwei Wochen campen Occupy-Demonstranten am ehemaligen Bundespressestrand am Spreeufer des Regierungsviertels. Bisher wurde das Protestlager geduldet. Ende November aber soll das Grundstück wegen Bauarbeiten geräumt werden.
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