Wettlauf mit der Zeit scheint verloren

Kommunalpolitiker beklagen Verzögerungen bei Bergung des radioaktiven Asse-Mülls

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Wettlauf mit der Zeit scheint schon vor dem Start verloren zu gehen. Im einsturzgefährdeten Atommülllager Asse verzögert sich die Probephase für die Bergung der radioaktiven Abfälle immer weiter. Kommunalpolitiker und Umweltschützer sind besorgt.

»Ich bin zutiefst frustriert, dass es immer wieder zu Verzögerungen kommt und es nicht vorangeht«, sagte die Bürgermeisterin der Samtgemeinde Asse, Regina Bollmeier (SPD). Ihr Parteifreund, der Wolfenbütteler Landrat Jörg Röhmann, spricht von einem »herben Rückschlag für unsere gemeinsamen Ziele«.

Beide sind Mitglieder in der sogenannten Asse-2-Begleitgruppe. Bei der bislang letzten Sitzung des Gremiums vor einer Woche teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit, dass die erste Kammer mit Atommüll 2011 nicht mehr angebohrt werde. Fachbereichsleiter Michael Siemann sagte, es sei derzeit nicht möglich, die vorgeschriebene Versorgung mit Stickstoff für den Fall eines Brandes sicherzustellen.

Das BfS will nun auf ein mobiles Luft-Zerlegeverfahren am Werk ausweichen. Dafür müssen aber erst weitere Genehmigungen eingeholt werden. Ein weiteres Problem ist laut BfS die Entsorgung der kontaminierten Lauge vor Kammer 12, die ebenfalls angebohrt werden soll. Es sei immer noch unklar, ob die Lauge an die Landessammelstelle Niedersachsens abgegeben werden könne. »Wenn das Verfahren insgesamt nicht beschleunigt wird, ist das Projekt der Rückholung in dem angedachten zeitlichen Rahmen nicht möglich«, sagte Siemann laut Protokoll der Asse-2-Begleitgruppe.

Das Anbohren von zwei Kammern mit radioaktiven Abfällen ist Teil der sogenannten Faktenerhebung. Damit will sich das BfS einen Überblick über den Zustand der Einlagerungskammern und der Fässer mit Atommüll verschaffen. Erst danach soll endgültig entschieden werden, ob der Atommüll aus dem vom Einsturz bedrohten Bergwerk geborgen werden kann. Der schlechte Zustand des Grubengebäudes lässt für die Rückholung allerdings nur eine begrenzte Zeit zu. Die eigentliche Bergung würde nach Schätzungen von BfS-Chef Wolfram König mindestens zehn Jahre dauern.

Im vergangenen Oktober hatte das BfS beim Niedersächsischen Umweltministerium die Genehmigung zum Anbohren der ersten Kammern beantragt. Ende April kam die Genehmigung - der Bescheid war mit 32 umfassenden Auflagen versehen. Das Bundesumweltministerium rückt inzwischen von dem Vorhaben ab. Bei der Rückholung gebe es »offene Punkte, die die Realisierbarkeit schwieriger als geplant gestalten und sogar in Frage stellen könnten«, schrieb Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser an den Umweltausschuss des Bundestags.

SPD, LINKE und Grüne vermuten, dass die Umweltministerien in Berlin und Hannover das Verfahren verschleppen. Er habe »den Verdacht, dass hinter dem zögerlichen Genehmigungsverfahren, für das die beiden Umweltministerien verantwortlich sind, ein Plan steckt«, meint SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Wolfenbüttler SPD-Kreistagsabgeordnete Heike Wiegel, die auch Mitglied der Bürgerinitiative AufpASSEn ist, urteilt: »Wenn es so dargestellt wird, dass die Rückholung nicht möglich ist, dann liegt es am Geld oder am Nichtwollen.«

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