Richtiges Zeichen

Hannover 96 wird beim torlosen Remis gegen Bayer Leverkusen den gewachsenen Ansprüchen nicht ganz gerecht

Jan Schlaudraff ist im Spiel von Hannover 96 der Mann für die besonderen Momente. Ein Instinktfußballer mit sehr feiner Technik, dessen Blick zuerst die gegnerischen Abwehrreihen aufzureißen scheint, um dann einen Mitspieler mit einem gefühlvollen Pass freizuspielen oder selbst in die Lücke zu stoßen. »Er ist sehr wichtig für uns«, erzählt Hannovers Sportdirektor Jörg Schmadtke erst pflichtschuldig. Und gerät sogleich ins Schwärmen. »Wenn Jan mit seinem hohen Tempo kommt, ist es für jeden Gegner schwer.«

Beim 0:0 am Samstagabend gegen Bayer Leverkusen gelang es Schlaudraff gar, den 44 800 Zuschauern dennoch das befreiende Gefühl eines Torjubels zu schenken. Als der Stadionsprecher die Wahl seines fulminanten Volleytreffers gegen Hamburg vor zwei Wochen zum Tor des Monats verkündete, feierte das ganze Stadion. Diese Ehrung freue ihn sehr, aber lieber hätte er gegen Bayer getroffen. So pragmatisch und fade Schlaudraffs Kommentar daherkommt, so mitreißend und ideenreich spielte er gegen Leverkusen.

Nach einer Viertelstunde hatte er sich im Rücken der Abwehr davongestohlen und trat im richtigen Moment an, um den Pass seines Sturmpartners Mohammed Abdellaoue zu erreichen. Bayer-Torwart Bernd Leno parierte mit einem Reflex seinen Schuss. Es war Schlaudraffs beste Chance, es war Hannovers beste Chance. Doch auch die Kopfbälle von Abdellaoue (57. Minute/70.) hätten die verdiente Führung für Hannover bedeuten können. An beiden Möglichkeiten war Schlaudraff als Passgeber und Initiator beteiligt. Mit insgesamt fünf Torschussvorlagen gab er die meisten.

»Meine Art ist nicht immer ganz einfach«, so Schlaudraff selbstkritisch, »aber ich habe an mir gearbeitet.« Er scheint angekommen zu sein - in Hannover. Nach dem Spiel verriet der 28-Jährige, dass er seinen Vertrag am Freitag vorzeitig bis 2015 verlängert hat. Ein paar Vereine hätten sich gemeldet, aber er wollte nicht noch einmal von null anfangen.

Die Karriere des Hochbegabten war tatsächlich schon wechselvoll genug. Bei Borussia Mönchengladbach konnte er sich in drei Jahren nicht durchsetzen, den Durchbruch schaffte er 2005 mit dem Wechsel nach Aachen. Der Bundesligaaufstieg mit der Alemannia, drei Einsätze in der Nationalmannschaft und der Wechsel 2007 zum FC Bayern waren der Lohn. Nach einem verlorenen Jahr in München kam er 2008 nach Hannover und will nun »helfen, hier weiter etwas aufzubauen«.

Beachtliches ist schon erreicht. Platz vier in der Vorsaison und das Erreichen der Zwischenrunde in der Europa League bedeuten »das erfolgreichste Jahr in der Vereinsgeschichte«, freut sich Präsident Martin Kind. Die Gegner zollen Respekt. »Hannover ist vor allem zu Hause eine Topmannschaft. Wir müssen mit dem Punkt leben«, so Leverkusens Trainer Robin Dutt. »Wir haben Leverkusen klar beherrscht. Dafür ist ein Punkt zu wenig«, ärgerte sich Schlaudraff dagegen und steht damit für das gewachsene Selbstvertrauen und die gestiegenen Ansprüche bei 96.

Und die Entwicklung sei noch lange nicht abgeschlossen, erzählte Schlaudraff: »Wenn das Team zusammenbleibt, können wir eine gute Rolle spielen.« Mit seiner Vertragsverlängerung hat er dafür das richtige Zeichen gesetzt.

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