Auslese statt Parteibuch

Opposition fordert neues Bewerbungsverfahren für Posten des Polizeipräsidenten

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Offiziell gibt es weiter kein Statement aus dem Innensenat zu Spekulationen über die Ernennung eines neuen Polizeipräsidenten. Nur: »Der Senator sieht keine Veranlassung, Medienberichte und Personalvorschläge zu kommentieren«, sagt ein Sprecher von Innensenator Frank Henkel (CDU). Soll heißen: Der Senator bestimmt im Laufe des Monats selbst den Zeitpunkt, wann er mit seinem Personalvorschlag für die seit acht Monaten vakante Stelle des Polizeichefs an die Öffentlichkeit geht. Natürlich in enger Abstimmung mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).

Öffentlich sprießen derweil die Mutmaßungen ins Feld. Fakt ist, dass Henkel beim Landespersonalausschuss eine Ausnahmeregelung beantragt hat, um einen Beamten für die Spitzenfunktion ohne Ausschreibung einsetzen zu können. Damit will der Innensenator die Hängepartie beenden, nachdem das bisherige Auswahlverfahren zwei Mal aufgrund von Klagen des unterlegenen Bewerbers Klaus Keese gegen die Ernennung seines Kontrahenten Udo Hansen gescheitert war. Mehrere Medien berichten darüber hinaus, dass die Ernennung von Klaus Kandt, der bisher noch die Bundespolizeidirektion Berlin leitet, ausgemachte Sache ist. Er wäre der lachende Dritte.

Kandt ist CDU-Mitglied. Bisher hatte er sich nicht an dem Auswahlverfahren beteiligt, obwohl er in Fachkreisen als führungsstark und kompetent gelobt wird. Dass Kandt nun möglicherweise ohne ein transparentes Auswahlverfahren ernannt wird, mag beamtenrechtlich zwar möglich sein. Politisch ist die Besetzung des Postens für die Opposition aus Piraten, Grünen und Linkspartei im Abgeordnetenhaus jedoch höchst problematisch.

»Das riecht nach einer Vergabe nach Parteibuch«, moniert etwa der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux. Politisch sei das eine »Sauerei«. Schließlich habe sich Henkel noch im Wahlkampf für einen überparteilichen Kandidaten ausgesprochen, der in einem transparenten Verfahren gesucht werden sollte. Auch Henkels Kritik am Ex-Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der seinen Parteifreund Udo Hansen zum Polizeipräsidenten machen wollte, findet Lux im Nachhinein scheinheilig. Die Grünen fordern nun, dass das ganze Auswahlverfahren neu aufgerollt werden muss.

Das will auch die Piratenpartei. »Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, dass das Auswahlverfahren für die Stelle des Polizeipräsidenten ordentlich und transparent durchgeführt wird«, sagt Christoph Lauer. Nur dann sei die Auswahl nachvollziehbar und überprüfbar.

Aus Sicht der Linkspartei besteht für dieses dringend benötigte transparente und rechtssichere Auswahlverfahren auch kein Grund zur Eile. »Die kommissarische Polizeipräsidentin macht einen guten Job«, sagt Klaus Lederer. Der rechtspolitische Sprecher der LINKEN hat zudem »extreme Zweifel« an Henkels Ernennungsplan: »Auch ein Landespersonalausschuss kann nicht im luftleeren Raum Entscheidungen fällen.« Eine Klage sei nicht unwahrscheinlich. So oder so wird die Debatte in den nächsten Tagen weitergehen. Spätestens am Montag im Innenausschuss.

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