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Flop in Brüssel

Polens Premier zu Hause unter Kritik

  • Lesedauer: 2 Min.
Hans im Glück ist Polens Regierungschef Donald Tusk zu Beginn seines fünften Amtsjahres ganz bestimmt nicht mehr. Sein Versuch, zahlreiche Fehltritte in der Innenpolitik durch außenpolitische Erfolge wettzumachen, gelang ihm nicht.

Zu den Pannen, die Tusk Proteste der Ärzteschaft und der Patienten, der Netzgemeinde und der zerstrittenen Staatsanwälte einbrachten, kam zu Wochenbeginn sein Misserfolg beim EU-Gipfel über den Fiskalpakt. Noch am Vortag des EU-Beschlusses vom 31. Januar hatte der Premier auf das Recht gepocht, als gleichberechtigter Partner an den Beratungen der 17 Euroländer teilzunehmen. In Gesprächen mit EU-Parlamentschef Martin Schulz und Ratspräsident Hermann Van Rompuy mühte er sich, den Einspruch des französischen Staatschefs Nicolas Sarkozy auszuräumen. Dennoch musste er sich 24 Stunden später mit einem Platz in der zweiten Reihe begnügen - mit acht weiteren Nicht-Euroländern.

Anders als der tschechische Premier Petr Necas, der vor der Zustimmung zu dem vom Gipfel auf den Weg gebrachten Fiskalpakt erst die Entscheidung seiner Nationalversammlung abwarten will, handelte Tusk eigenmächtig, wobei leise Zweifel sogar in seiner Bürgerplattform (PO) aufkamen. Polens Premier ging auf den »Kompromiss« ein. »Er ist für uns nicht ganz zufriedenstellend, doch wir konnten ihm zustimmen«, sagte Tusk bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Mit dem Vertrag bestehe nun so viel Einigkeit, wie möglich war. Auf die Frage, ob es jetzt drei »Geschwindigkeiten« in Europa gebe (EU-Staaten, Fiskalpaktteilnehmer und Euroländer), meinte er, dies seien »verschiedene Ebenen der Integration«.

Polen könne zwar die Auflage, keine Neuverschuldung über 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts jährlich einzugehen, erfüllen, aber es klinge seltsam - meinten viele mit der konservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) verbundene Blätter -, dass selbst große Eurostaaten die Maastricht-Kriterien für die Haushaltsstabilität nicht einhalten, darunter Deutschland.

Jaroslaw Kaczynski für die PiS, Janusz Palikot für seine liberale Bewegung und Leszek Miller für das linksgerichtete SLD fordern entschieden eine Parlamentsdebatte. Selbst im Regierungslager wird Besorgnis geäußert, dass in der anstehenden EU-Haushaltsdebatte für die kommenden Jahre die Interessen Polens zu kurz kommen könnten, weil Gelder für den ESM-Rettungsschirm, also für »verschwenderische Euroländer«, gebraucht werden.

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