Mordprozess gegen Vater unterbrochen

Däne tötete seine Töchter / Großer Andrang der Medien seines Heimatlandes

  • Marion van der Kraats, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Zitternd schützt der Mann mit einem Blatt Papier sein Gesicht vor Dutzenden von Kameras. Zahlreiche Journalisten aus Dänemark sind nach Potsdam gekommen, um über das Familiendrama zu berichten. Rund sechs Monate sind seit dem qualvollen Tod von Line Sofie (9) und Marlene Marie (10) aus dem dänischen Badeort Öster Hurup vergangen. Noch immer sorgt der Fall für Entsetzen und für Schlagzeilen. Der Vater soll die Mädchen während eines Urlaubs in Deutschland getötet haben, weil er sie der geschiedenen Frau nicht gönnte.

Seit Dienstag muss sich der 40-Jährige wegen Mordes vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Wegen der Erkrankung einer Richterin wurde die Verhandlung allerdings nach wenigen Minuten unterbrochen. Der Prozess soll am 1. März fortgesetzt werden. Der Verteidiger des Beschuldigten kündigte eine umfangreiche Aussage des 40-Jährigen an.

Laut Staatsanwalt Peter Petersen tötete der Vater die Mädchen im August 2011 in einem Wald bei Börnicke im Havelland. Der Däne soll die Schwestern mit einem Schlafmittel betäubt und dann den Wagen, in dem sie saßen, mit Benzin übergossen und angezündet haben.

»Er hat den Tod seiner Mädchen zu verantworten«, sagte Anwalt Thomas Arndt. »Es ist aber fraglich, in welcher Form er dafür zur Verantwortung zu ziehen ist.« Zentrale Frage in dem Prozess wird sein, in welcher psychischen Verfassung sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt befand. In ihrem vorläufigen Gutachten habe die Sachverständige Cornelia Mikolaiczyk den Vater als schuldfähig eingestuft, berichteten Staatsanwalt und Verteidiger.

Sein Mandant sei bereits in Dänemark wegen einer Depression in Behandlung gewesen, erzählte Arndt. Der gelernte Landwirt, der zuletzt zum Berufsschullehrer umsatteln wollte, habe sich im vergangenen Sommer in einer schwierigen Situation befunden. Neben finanziellen Engpässen habe das Sorgerecht für die Mädchen für Probleme gesorgt. Die Kinder seien ihm zunächst nach der Scheidung zugesprochen worden. Als er mit ihnen wegziehen wollte, habe seine Ex-Frau dies verhindert.

Nach Angaben des Anwalts wollte der Däne ursprünglich Selbstmord begehen und die Töchter mit in den Tod nehmen. »Es war sein Plan, gemeinsam mit den Kindern zu sterben«, sagte Arndt. Der Angeklagte habe damals selbst starke Brandverletzungen davongetragen, weil er zunächst auch in dem Auto gesessen habe. »Nach meiner Einschätzung war dann aber der Überlebensinstinkt größer«, meinte Arndt. Sein Mandant war am 12. August schwer verletzt an der Autobahn 24 (Hamburg-Berlin) umhergeirrt. Polizisten stießen dann in der Nähe auf sein ausgebranntes Auto mit den zwei verkohlten Leichen. Ein toxikologisches Gutachten belegte Schlafmittel im Körper der Kinder. Ein Unfall, von dem der Vater der Polizei zunächst berichtet hatte, war damit widerlegt.

Die Mutter der Mädchen tritt nun in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Am 22. März soll sie nach Angaben von Gerichtssprecher Ralf-Dietrich Schulz als Zeugin gehört werden. »Vielleicht kommt sie auch schon früher«, sagte ihr Anwalt Matthias Schöneburg. »Heute hatte sie dafür noch nicht die Kraft.«

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