Sog und Tempo

Bühne frei für Breivik?

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Was ins Mark geht, muss auf den Markt. Aus dem, was uns niederschlägt, lässt sich am besten Kapital schlagen. Irgendwann wird der größte Schrecken nur noch schrecklich unterhaltsam. Der Grusel des Tätertums ist eine untilgbare Verlockung.

In Dänemark plant der Theaterperformancer Christian Lollike ebenso eine Dramatisierung des Falles Anders Breivik wie der künstlerische Leiter des Osloser Dramatikkens Hus, Kai Johnson: Das Manifest »2083« des Massenmörders von Utøya soll auf die Bühnen kommen, natürlich wird das verlautbarte Motiv dieser Pläne mit höchster Begrifflichkeit bekränzt: Ursachenforschung, heilsame Wissensvermittlung, Warnpflicht, Mahnbedürfnis.

Seit jeher hat das Böse einen Sog, dem das Gute nichts Vergleichbares an Wirkung entgegensetzen kann. Faust kämpft einen vergeblichen Kampf gegen die Faszination Mephistos. Es ist eine Faszination, die von der Ehrlichkeit einer unverstellt zynischen Weltsicht ausgeht. So weit greift Moral immerhin, dass der Mensch diesen zynischen Bodensatz seines Wesens mit geübter Unterdrückungskultur im Zaume hält. Aber in Kunst und Literatur darf doch eine...


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