Ein Blatt macht dicht

Die »Deister-Leine-Zeitung« in Niedersachsen wird eingestellt

  • Thomas Struk, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Sinkende Auflagen und schwindende Anzeigeneinnahmen machen es Zeitungen schwer. Dass ein Blatt verkauft wird, ist deshalb keine Seltenheit - wohl aber das komplette Aus einer Zeitung und eines kleinen Verlags wie jetzt in Barsinghausen bei Hannover.

Barsinghausen. Das 125-jährige Bestehen wurde Ende 2010 noch gefeiert, doch nun ist Schluss: Die »Deister-Leine-Zeitung« (DLZ) in Barsinghausen bei Hannover erscheint an diesem Mittwoch zum letzten Mal. Der Verlag führt das Aus auf die schwierige Lage auf dem Zeitungsmarkt zurück - die Auflage ist in den vergangenen 15 Jahren von 8000 auf zuletzt rund 4500 gesunken.

Hauptgesellschafterin des Verlags Philipp Aug. Weinaug und Neue Medien ist seit dem Jahr 1999 die Verlagsgesellschaft »Deister- und Weserzeitung« (Dewezet/Hameln). Dewezet-Geschäftsführerin Julia Niemeyer begründet die Schließung vor allem mit dem kontinuierlichen Rückgang der Auflage, sinkenden Anzeigeneinnahmen und dem Wettbewerb vor Ort. Neben zwei kostenlosen Wochenblättern sind in der Region am Deister die Madsack-Blätter »Hannoversche Allgemeine Zeitung« (HAZ) und »Neue Presse« mit Regionalausgaben präsent. Neben der Konkurrenz gibt es auch eine Kooperation zwischen Madsack und Dewezet/DLZ: Von der HAZ bekommen die beiden Blätter die überregionalen Seiten.

Sinkende Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft, Gratiszeitungen und das veränderte Leseverhalten junger Menschen sind für viele Zeitungen

in Deutschland eine Herausforderung. Steht das Ende der DLZ etwa beispielhaft für das Schicksal anderer kleiner Blätter? Nein, der Fall in Barsinghausen sei bislang einzigartig, erklärt der Zeitungsforscher Horst Röper.

»Mich hat dieser Vorgang trotz aller Probleme der Zeitungen sehr gewundert. Ein kompletter Marktausstieg ist höchst ungewöhnlich«, sagt der Geschäftsführer des Dortmunder Forschungsinstituts Formatt. In Deutschland gebe es einige Beispiele für Zeitungen, die sich mit einer noch geringeren Auflage am Markt halten könnten. »Ich kann mich an einen ähnlichen Fall nicht erinnern. Zeitungen sind eine geldwerte Sache, und die vernichtet man eigentlich nicht«, sagt Röper, der auf Fusionen und Verkäufe in anderen Fällen verweist. Laut Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) gibt es derzeit 32 Zeitungen in der Größenordnung der DLZ, die von einem eigenen Verlag herausgegeben werden.

In der DLZ-Redaktion in Barsinghausen hat das Ende Januar verkündete Aus große Enttäuschung ausgelöst, auf Leserseite gab es emotionale Reaktionen, wie Niemeyer berichtet. 15 festangestellte Mitarbeiter sind von der Entscheidung betroffen. Sie sollen bei der Dewezet ober bei »benachbarten Verlagen« einen neuen Job bekommen. DLZ-Redaktionsleiterin Helena Tölcke berichtet von einer großen Betroffenheit in der kleinen Redaktion. Sie glaubt dennoch fest daran, dass Heimatzeitungen eine Zukunft haben. Aber die Bedeutung - zumindest in Barsinghausen - sei gesunken im Vergleich zu den Zeiten, »als noch in fast jedem Haushalt eine DLZ auf dem Frühstückstisch lag«.

Der BDZV bezeichnet das Ende der DLZ ähnlich wie Zeitungsforscher Röper als Einzelfall. »Zeitungsschließungen sind derzeit die Ausnahme«, sagt BDZV-Sprecherin Anja Pasquay. Trotz der sinkenden Auflage sei der deutsche Zeitungsmarkt stabil. So zeigten Studien, »dass sich die Zeitungen gerade nicht aus der Fläche zurückziehen, sondern sich mit aller Kraft verankern - und dies mittlerweile auf allen Ausgabekanälen, gedruckt, online und mobil«.

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