Stillstand in Frankfurt
Keine Annäherung im Tarifstreit am Flughafen, sondern Vorwürfe
Im Konflikt um ein neues Tarifwerk für künftige Tochtergesellschaften des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport haben sich die Fronten zwischen der GdF und dem Fraport-Vorstand weiter verhärtet. Seit Sonntagabend streiken knapp 200 Vorfeldmitarbeiter aus den Bereichen Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale.
Fraport war auch am Montag mit dem Einsatz von Streikbrechern aus dem Management und von anderen Flughäfen um den Eindruck bemüht, man habe »alles im Griff«. Auslöser für die neuen Streiks waren ergebnislose Verhandlungen vorige Woche. GdF-Sprecher Maas kritisierte am Montag die »arglistige Täuschung« durch Fraport-Chef Stefan Schulte. Der habe die GdF auf der Grundlage seines letzten Angebots an den Tisch gelockt, so Maas. Davon sei aber dann keine Rede mehr gewesen. Zudem sei der Tätigkeitsbereich Vorfeldaufsicht in Schultes Angebot nicht mehr vorgekommen. Alle das habe offensichtlich nur dazu gedient, den Streik zu stoppen und dann die Verhandlungen bewusst platzen zu lassen.
Der vom Fraport-Vorstand eingesetzte Schlichter, Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust (CDU), hatte für das Tarifwerk eine Laufzeit von vier Jahren angeregt. Dies hatte die GdF akzeptiert, während Fraport zuletzt auf eine fünfjährige Laufzeit bestand. Über konkrete Zahlen oder inhaltliche Knackpunkte schwiegen sich beide Seiten am Montag aus.
Laut Fraport wurden 200 Flüge gestrichen. Man könne »längere Streikphasen durchhalten«, so der Flughafenbetreiber. Maas bezweifelt dies - wie auch die Aussage, die Streikbrecher könnten einen sicheren Betriebsablauf garantieren. Für die bestreikten Arbeitsbereiche bestünden strenge Auflagen und befristete Lizenzen, die regelmäßig vor einem Prüfungsausschuss erneuert werden müssten. Viele Streikbrecher seien jedoch jahrelang nicht mehr auf dem Vorfeld gesehen worden, während die Mitglieder des Prüfungsausschusses derzeit im Streiklokal säßen. »Geschönt« seien auch Fraport-Angaben, wonach 80 Prozent der Flüge planmäßig verliefen, meinte Maas. »Am Himmel ist es viel ruhiger«, hätten ihm auch Anwohner in der Flughafen-Anrainergemeinde Kelsterbach bestätigt, wo die GdF in einer Gaststätte ihr Streiklokal eingerichtet hat.
Maas prophezeite für die GdF »stürmische Zeiten«. Hinter dem Konflikt verberge sich eine konzertierte Aktion zur »Beschneidung von Kleinst- und Spartengewerkschaften«. Die Arbeitgeberverbände propagierten unter dem Motto »Tarifeinheit« und »ein Betrieb - eine Gewerkschaft« Gesetzesänderungen zur Schwächung kleiner Arbeitnehmerorganisationen. Anders sei nicht zu erklären, dass etwa die Lufthansa fast klaglos Ausfälle im zweistelligen Millionenbereich hinnehme. Der GdF-Sprecher sieht »gewisse Großgewerkschaften im Hintergrund ihre Fäden spinnen« und verweist darauf, dass Fraport-Arbeitsdirektor Herbert Mai in den 1990er Jahren Chef der Gewerkschaft ÖTV war, die später in ver.di aufging.
Heiner Dribbusch, Tarifexperte beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, erinnerte im Deutschlandfunk, ver.di sei im Frühjahr 2011 aus einer Initiative von DGB und Arbeitgebern zur Tarifeinheit ausgestiegen. Zudem werde oft der falsche Eindruck vermittelt: Es sei nicht so, dass bundesweit neue und streikfähige und Spartengewerkschaften entstünden. Deren Zahl liege bei einem halben Dutzend und ihre Streikaktivität halte sich insgesamt in Grenzen. Zudem zögen in manchen Bereichen auch konkurrierende Gewerkschaften tarifpolitisch an einem Strang, so Dribbusch.
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