Kapitalismus mit Präservativ

Andrej Bahro über Subbotniks, Timur-Trupps, das Unternehmen Deutschland und seine Alternative

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Fluch oder Segen? Kinder berühmter Eltern - wie fühlen sie sich? Inwieweit wurde ihr Lebensweg von dem der Väter und Mütter befördert oder überschattet? Nehmen sie das große Erbe an, tragen sie es weiter oder lehnen sie es ab? Können sie je mündig werden, gelingt ihnen die Emanzipation von der Aura der Eltern? ND befragt Kinder von Persönlichkeiten, die linkes Geistesleben und linke Politik in Ost- und Westdeutschland prägten.

Der am 18. April 1962 geborene Sohn von Rudolf Bahro (1935-1997) war schon als Schüler Mitglied der »Studiobühne Animation Berlin«, einem freien Schauspielensemble in Berlin-Prenzlauer Berg. Nach seinem Schulabschluss lernte er Kraftwerksanlagen-Elektromonteur. Gemeinsam mit seinem nach zwei Jahren Haft amnestierten Vater wurde er 1979 aus der DDR ausgewiesen. In der Bundesrepublik schlug er sich mit diversen Jobs durch. Er lebt in Bremen und arbeitet als Sozialtechnopologe - ein Beruf, den es noch nicht gibt, der aber, wie A. B. betont, wichtig sei für die Zukunft, denn »er gleicht zwischen Natur- und Menschenanspruch« aus. Mit Andrej Bahro sprach Karlen Vesper.

Wann haben Sie das erste Mal das berühmteste Buch Ihres Vater, »Die Alternative«, gelesen?

Im Jahr, als es erschien, 1977. Ich habe 15 Seiten gelesen, dann wurde es mir zu kompliziert. Ich war 15. Zudem kannte ich den Inhalt in etwa. Es war ja Gesprächsthema am Abendbrottisch der Familie.
Ihre Mutter soll nicht sehr angetan gewesen sein von dem, was Ihr Vater da tat?

Vom Inhalt war sie sehr angetan. Aber nicht von den Folgen für die Familie, die sie eher erahnt hat als er. Ihm war das egal, er hat nur für sich gedacht.

Ein egoistischer Mann?

Nein, das ist eine andere, größere Form von Liebe. Ihn kümmerte nicht das Einzelschicksal. Er wusste, wenn er nichts für alle unternimmt, ist dem Einzelnen nicht gedient. Meine Mutter wollte ihn nur lieben. Und dass wir Kinder ungestört groß werden. Für meinen Vater war es wichtig, dass wir durch nichts unterdrückt sind in der Seele. Wir wurden antiautoritär, sprich: gar nicht erzogen. Mein Vater war ein sehr liebevoller Typ. Und ein Schöngeist. Er hörte den ganzen Tag klassische Musik und trällerte dazu. Rudolf Bahro war ein freudiger Mensch. Und ein freier. Wenn die Hose zwickte, hat er sie erst einmal gerichtet. Wenn ein Popel störte, hat er den in diesem Moment bearbeitet. Das hat nix mit Unkultur zu tun, er war so frei.

Am 23. August 1977 wurde er verhaftet, nachdem er in Interviews mit westdeutschen Journalisten seine Kritik am Realsozialismus erläutert hatte. Wie erlebten Sie seine Verhaftung?

Er hatte sich zuvor scheiden lassen, um die Familie rauszuhalten. Kurz bevor er verhaftet wurde, zeigte er mir aber noch das Versteck, wo er ein Exemplar der »Alternative« deponiert hatte.

Und haben Sie es da rausgeholt?

Dazu kam ich nicht. Wir wurden observiert. Und nach seiner Ausweisung wurde auch ich aus der DDR komplimentiert.

Das klingt nach freundlichem Akt?

Es ging freundlich zu, nur nicht nach meinem Geschmack. Sie haben mich aus der Wohnung meiner Freundin rausgeklingelt: »Kommen Sie mit!« Dann sind wir in das Stadtbezirksamt gefahren. Da war ein Richtertisch: »Guten Tag, wir legen Ihnen nahe, einen Ausreiseantrag zu stellen.« Da habe ich gesagt: »So nahe waren wir uns noch nie, aber so nah wollte ich Sie mir gar nicht kommen lassen.«

Frech oder mutig? Sie waren 17.

Ich war schon in der Schule aufsässig. Als ich zur Jugendweihe das Buch »Der Sozialismus - Deine Welt« erhielt, wusste ich, wie mein Leben bis zum Ende weitergehen sollte. Das wollte ich aber nicht. Ich beschloss, mich keinesfalls anzupassen.

Wie waren Ihre Schulnoten?

Im Durchschnitt Drei, in Geschichte und Staatsbürgerkunde hatte ich eine Eins.

Ausgerechnet in diesen Fächern?

Ausgerechnet in diesen wollte ich immer das Stundenziel erreichen.

Also doch Anpassung?

Nein! Taktik. Wer vorprescht, um der eigenen Eitelkeit willen, der bewirkt nichts, dessen Aktionsradius wird im Gegenteil begrenzt. Man muss nicht gleich alles, was man im Kopf hat, herausposaunen, sondern auf eine günstige Situation warten können. So konnte ich den Leuten, die mir die Ausreise »nahe legten«, erwidern: »Wieso? Ich war vorbildlicher Jung- und Thälmannpionier. Und Sie wollen mich in den Westen schicken, wo der »Zwanziger« mit Webrahmen, Ausbeutung und Unterdrückung auf mich warten! Was würde Thälmann dazu sagen?« Da haben die gesagt: »Lassen Sie die Polemik.«

Ihr Vater hat nicht gewartet, bis die Situation reif war für seine Ideen, und wurde zu acht Jahren Haft verurteilt.

Mein Vater hat den Angriff immer wieder versucht. Ich bin eher langmütig.

Besuchten Sie den Vater in Bautzen?
Einige Male im Kopf. Er wollte das nicht. Er war allerdings sauer, dass ich an dem Tag, an dem er entlassen wurde, nicht zur Stelle war. Wir hatten nach einer Theatervorstellung noch gefeiert. Und ich musste mich mit meiner Freundin versöhnen.

Ein braver Sohn lässt den Vater aber auch nicht warten - zumal diesem Freunde rar geworden sein dürften.

Sie hatten sich bereits verflüchtigt, als er verhaftet wurde. Es war ein Glück, dass wir die Gysis hatten. Gabriele Gysi und Emine Sevgi Özdamar, integre Menschen, kamen nach der Inhaftierung meines Vaters zu uns: »Ihr habt jetzt keine Freunde mehr, wir haben noch ein paar für euch.«

Gregor Gysi hat Ihren Vater verteidigt. Und dieser jenen gegen Stasi-Anwürfe nach der »Vereinigung«. Auch das integer. Aber warum wollte Rudolf Bahro 1990 eine Verteidigungsrede für Honecker halten, der sogar zehn Jahre Haft für ihn gefordert hatte? War Ihr Vater groß im Verzeihen? Mahatma Bahro?

Mit Verzeihen hat das nichts zu tun, sondern mit Anständigkeit. Die ich bei vielen Linken vermisse. Es hat in den vergangen Jahren keine Solidarität der Linken mit ihren Reformern gegeben. Es gibt ein Bahro-Archiv. Da sitzt ein ehemaliger Mitarbeiter und hält das Zeug zusammen. In zehn/zwanzig Jahren ist nicht mehr genug Geld da, um überhaupt jemanden zu beauftragen, herauszufinden, was man jetzt schon wissen könnte. Irgendwann buddeln Archäologen nach dem alten Bahro. Noch sind Freunde, Mitstreiter, Kinder da, die wissen, wo er liegt, wer er war. Aber man hat mich nicht einmal zum Bahro-Kongress in Berlin eingeladen.

Das klingt verbittert.

Das bin ich nicht. Aber ich habe Bauchschmerzen, wenn die PDS Rudolf Bahro zum Programm erhebt. Roland Claus sagt: »Wir machen Sozialismus im Bahroschen Sinne.« Rudolf Bahro hat nur eine Reparaturanleitung geliefert. Es gilt zusammenzutragen, was erhaltenswert wäre am einstigen »realen Sozialismus« und von Bahros Kritik an diesem, wo Konsens ist.

Aber die PDS erinnert sich immerhin.

Ja, die Herren Fischer, Trittin und Schröder waren Fans von Rudi Dutschke und haben Solidaritätsbekundungen für Rudolf Bahro geschrieben. Aber heute interessiert sie nicht einmal, was aus deren Familien geworden ist. Etwa, dass Gretchen Dutschke keine Rente in Amerika kriegt. Die Vermarktung einer selbst nicht wirklich gemachten Vergangenheit findet permanent statt, eine Aufarbeitung der eigenen nicht zeitnah und mit allen Härten.

Weil man in weichen Amtssesseln sitzt.

Und in bequemen Flugzeugsesseln. Ich kann ein wenig Schadenfreude nicht verhehlen. Da brausen sie jahraus, jahrein über mein Haus hinweg, lassen ihr Kerosin über die Köpfer meiner Kinder ab, um irgendwo etwas zu klären, was sie noch nicht einmal hier bei uns geklärt haben.

Das scheint Sinn und Zweck der Politik.

Ich kanns nicht verstehen, warum unsere Politiker irgendwohin düsen, um anderen Völkern Kultur beizubringen. Wo wir doch selbst nicht kulturvoll miteinander umgehen. Uns ist die Sozialität abhanden gekommen. Das beweist schon das Beispiel im Kleinen. Nehmen wir das »Neue Deutschland«. Ich sehe, Sie haben im Hause keine Kantine. Sie wollen die Welt retten, wollen anderen Sozialität vermitteln, die Sie selbst nicht erleben.

Da möchte ich widersprechen. Indes: Individuen, die mit ihrer Sozialität zufrieden sind, streiten nicht gegen mangelnde Sozialisierung, haben nicht den Ehrgeiz, zu missionieren. Deshalb wohl hat die Kirche das Zölibat erfunden.

Verstehen Sie mich nicht falsch, mir liegt es fern, Ihre Redaktion zu kritisieren. Ich habe auch einmal ein linkes Blatt gemacht, eine Bremer Stadtillustrierte. Wir waren erfolgreich, aber nur, weil die Zeitung wie eine Manufaktur im Manchester-Kapitalismus geführt wurde. Wir wollten den Menschen etwas von einem besseren Leben und Arbeiten erzählen und konnten es selbst nicht demonstrieren.

Sie haben vieles gemacht, sind nicht gerade bodenständig und beständig?

Da sind Bahro junior und Bahro senior gleich. Auch mein Vater war immer Neuem aufgeschlossen, neugierig. So hat ihn die Verbannung nach dem Sturz als stellvertretender Chefredakteur vom »Forum« in ein Gummi-Kombinat nicht kränken können. Er lebte in einem Ashram bei Oregon, um Spiritualität zu erleben. Und hat ein Landgut in Pommritz gegründet, um sich als »Biobauer« auszuprobieren.
Ich habe einmal einen Solarkollektor entwickelt und war damit auf vielen Messen. Herr Stieble von Stieble Eltron wollte ihn mir abkaufen. »Machen Sie sich selbstständig«, sagte er mir. Aber ich wollte der Menschheit doch nur einen Solarkollektor schenken, nicht Unternehmer werden. Dann wollte ich wissen, wie Kapitalgesellschaften wirklich funktionieren, Da habe ich mich bei einem Distributor von General Electric als Vertriebsleiter beworben. Schließlich habe ich mich wieder verabschiedet: »Danke, ich wollte nur mal sehen, wie es bei euch zugeht.«

So wie in unserer Gesellschaft?

Wir reden uns ein, in einer Demokratie zu leben. Aber wir leben in einem kapitalistischen Unternehmen namens Deutschland. Die Demokratie ist nur das Präservativ, das über den Kapitalismus gestülpt ist. Wenn es heißt, der Kanzler regiert Deutschland, dann höchstens zu zehn Prozent. Der Rest sind die »Sachzwänge«, von der Wirtschaft diktiert. Es geht nicht darum, den Menschen neue schöne Häuser zu bauen, sondern um Aufträge für Bauunternehmen. Es geht nicht um die Autobahn, sondern um die Asphaltfabrik. Die Menschen essen für McDonalds, fahren für die Bahn und wählen die Politiker, damit die sich subventionieren.

Und nun sogar linke Politiker.
Menschen, die in die Politik gehen, tauchen in eine neue Wirklichkeit ein, entfremden sich selbst. Der linke Volksvertreter braust in Staatskarosse durch die Straßen, der Arbeiter bekommt Pfützenspritzer an den Mantel als schönes Andenken.

Diese Einsicht habe ihn zum Rücktritt bewogen, sagt Gysi.

Und das glaube ich ihm. Er hat sich eingestanden: Das kleine Stück, das ich zu weit gegangen bin, war zu weit. Viele Menschen haben ihn verstanden, nur die Medien nicht. Sie zetern, heizen die Stimmung an. Warum schreiben sie nicht über das, was unter Rot-Grün erreicht worden ist, sozial und ökologisch?

Bei weitem nicht im Sinne von Bahros sozial-ökologischer Alternative.

Richtig. Aber ich bin ein optimistischer Mensch und vertraue auf die Zeit.

Den Menschen, denen es jetzt dreckig geht, ist damit nicht geholfen.

Wem sagen Sie das. Ich habe vier Kinder, einen Schuldenberg und kriege mit 40 keine Arbeit mehr. Deshalb meine ich, die Linke sollte sich endlich fragen: Was wäre denn mal ein konkretes Arbeitsmodell?

Ja, was wäre ein solches?

Zunächst ist zu eruieren, was war denn der letzte Ansatz von Sozialgefüge in Deutschland, der funktioniert hat. Den gabs bis zu den massenhaften Kirchenaustritten. Mit der Kirche hatten die Leute eine Form von gehaltvoller Moral. Als sie feststellten, dass sie durch das Weglassen der Kirchensteuer Geld sparen und sich dafür eine eigene Konsummoral und Ersatzreligion schaffen können, haben sie vergessen, dass, wenn sie dann Kinder haben, der Kindergarten nicht mehr da ist, den die Kirche finanziert hat.

Und nun Ihre Alternative?

Wir brauchen den Zehnten wieder, und das meine ich in einer ganz christlichen Art und Weise. Ich meine aber nicht den Kirchenzehnten, sondern, dass jeder von uns sich mit zehn Prozent Zeit und Kapital eigenverantwortlich für sein Umfeld einsetzt. Was ich bisher dem Staat an Steuern zahlte, zahle ich jetzt an den Kindergarten um die Ecke, den meine Kinder besuchen. Ich kaufe den Bollerwagen selbst, öle ihn auch selber. Kein Geld an irgendeine Verwaltung, in der es verschwindet.

Das ist anarchistisch. Soll ich dem Gefängnis 100 Euro spenden, damit die den »bösen Nachbarn« weiter einsitzen lassen? Der Staat wird wohl noch gebraucht, auch wenn er Willkür nicht verhindert.

Der Staat hat sich doch schon selbst abgeschafft. Er ist nicht in der Lage, die mit Pilzen und Sporen verseuchten Kindergärten im Osten zu sanieren. Die Eltern würden das ja bezahlen, wenn sie nicht schon mit hohen Steuern an den Staat belastet wären, der nichts wirklich tut.

Vorbild DDR? Staatliche Kindergärten?

Das hat funktioniert. Die Frauen konnten arbeiten gehen. Sie konnten sich zwar dadurch nicht selbst verwirklichen, weil sie zu Hause weiter arbeiten durften, abwaschen, staubsaugen, Kinder erziehen. Der Papa kam nach Hause, erschöpfter als sie: »Uff.« Er hatte ja die ganze Verantwortung, sie nur die doppelte Arbeit. Und wer nur arbeitet, kann nicht denken.

Halt. Heißt das, die an Heim und Herd verbannte Frau ist besser dran?

Nein, sie ist sogar ärmer dran, weil ihr ein ganzes Stück Sozialität fehlt. Die Frau soll ohne extra Erlaubnis arbeiten dürfen. Dazu muss das Umfeld stimmen. Wenn der Staat dieses nicht schafft, darf er dem Bürger kein Geld abpressen. Und hat er kein Geld mehr, kann er auch keine neuen Panzer und Militärflugzeuge kaufen. Alle Kriegsspielereien sind verboten.

Sie träumen.

Nein. Schröder ist schon jetzt in der Situation, sich mit Bush anlegen zu müssen.

Ihr Vater war Mitbegründer der Grünen, hat sich aber abgewandt, da die nur noch »Putzarbeiten auf der Titanic« verrichten. Was sagt der Sohn?

Als ich in den Westen kam, haben sie Häuser besetzt und sich vor Wasserwerfer geworfen. Jetzt verwalten sie das, was sie durchgesetzt haben. Das ist einiges. Wir bauen keine neuen Atomkraftwerke und lassen uns nicht jedes stinkige Fleisch vorsetzen. Und dass ein schwuler Sozialdemokrat und ein Kommunist jüdischer Bildung sogar in Deutschlands Hauptstadt Bürgermeister werden können - das hätte doch vor 25 Jahren niemand geglaubt! Ja, einiges haben die Jusos und Grünen auf ihrem Marsch durch die Institutionen verbummelt. Ihr Protestpotenzial ist nun abgegolten. Aber es kommt wieder eine Generation, die wird Neues durchsetzen. Und auch eines Tages nur das verwalten, was sie an Problemen gelöst hat. Jetzt wird Rio Reiser im Bundestag gehört, irgendwann dann Techno. Das ist Dynamik.

Aber noch lange nicht Fortschritt?

Was ist Fortschritt? Fortschritt ist nicht, einen Abstand zu verkleinern oder auszuweiten, sondern, dass man etwas schafft, woraus alle Nutzen ziehen. Unser Fortschritt führt nicht zurück zu einer Selbstbesinnung - vor allem nicht zu einer Gemeinschaftsverantwortung.
Ich habe mindestens einmal in der Woche das Bedürfnis, ähnlich alten sozialistischen Normen Subbotnik zu machen. Da ist vor meinem Haus ein großer Platz mit vier alten Bäume. Meine Nachbarn verstehen nicht, dass ich aufräume und Unkraut rupfe. In einer der vier Akazien wohnt eine Taube, auf der Bank sitzen Liebespaare. Warum soll ich es denen nicht behaglich machen und mich dabei erholen.

Sie bleiben ein Kind der DDR.

Der Subbotnik wurde nicht zur Dressur entwickelt, sondern aus einer Notwendigkeit heraus. Natürlich gab es da auch die Pulle Schnaps: »Prost, wir machen Subbotnik.« Aber es ist etwas geschaffen und Sozialität erreicht worden. Oder die Timur-Trupps: Da sind wir mit dem Bollerwagen durch die Straßen gezogen: »Habn se nich noch Altpapier, liebe Oma, lieber Opa...« Jetzt sind subventionierte Arbeitslose gezwungen, Altpapier einzusammeln. In der DDR hatte die Oma im dritten Stock mindestens einmal in der Woche Besuch, die Kinder hockten nicht allein vorm Fernseher. Die Volkswirtschaft hatte auch etwas davon. Es war sogar ökologisch.

Wenn alles so prima war in der DDR, warum dann die Revolution 1989?

Es war nicht alles prima. Und eine Revolution war das nicht, sondern ein Jacobs-Aufstand. Die Massen wollte zum Kaffeetrinken in den Westen. Deshalb konnte sich Kohl mit seinem fetten Arsch so schnell auf dieses kleine Land setzen.

Nach dem Mauerfall kehrte Rudolf Bahro in die DDR zurück. Und wurde auf dem Sonderparteitag der SED/PDS ausgelacht. Eine tragische Figur?

Nein. Er war ein Visionär. Visionäre wurden zu allen Zeiten ausgelacht. Bis es den Leuten so dreckig geht, dass sie den Visionär anbetteln: Hilf uns.


Der Sohn über den Vater:

Empfinden Sie es als eine Last, einen berühmten Vater zu haben?
Nein.
Welche Stärken schätzten Sie an Ihm?
Ausdauer und Fleiß.
Welche Schwächen von ihm lehnen Sie ab?
Soziale Unverantwortlichkeit - er hat ein Chaos in der Familie hinterlassen - und Praxisferne.
Welche seiner Eigenschaften würden Sie gern selbst besitzen?
Optimismus.
Welche auf keinen Fall?
Dogmatismus.
Hatten Sie eine glückliche Kindheit?
Ja.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

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