Wenn der Gullydeckel plötzlich fehlt

Metalldiebstähle nehmen zu - auch in Thüringen

  • Mirjam Triebe, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Steigende Preise für Schrott und Metall rufen immer mehr Diebe auf den Plan. Polizei und Händler versuchen, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen - ein Bericht aus Thüringen.

Erfurt. Es ist wie in einem Krimi: Metalldiebe brechen in Nacht- und Nebelaktionen in Baufirmen ein, um an Buntmetalle heranzukommen. Sie stehlen dreist Gullydeckel auf offener Straße oder Oberleitungskabel. Immer häufiger werden Thüringer Firmen Opfer solcher Einbrüche, die Polizei muss ermitteln, ergab eine dpa-Umfrage.

2009 hatte das Thüringer Landeskriminalamt (LKA) mit 263 Fällen die geringste Zahl seit Jahren gezählt. Im Jahr 2010 erfasste es bereits 419 Diebstähle und im vergangenen Jahr 726. Der Grund für diesen rapiden Anstieg der Zahl der Delikte sind die hohen Metall- und Schrottpreise.

18 Kabeltrommeln

Kupfer und Messing, aber auch Schrott, erzielen hohe Preise auf dem Weltmarkt und sind daher besonders begehrt. Die Kilopreise für Kupfer bewegen sich nach Angaben eines Schrotthändlers aus Gera zwischen 4,50 bis 4,80 Euro, für Messing um die 2,50 Euro. Das wecke Begehrlichkeiten bei Dieben. Um sich gegen Hehlerei zu schützen, seien Schrotthändler gesetzlich dazu verpflichtet, die Daten der Kunden aufzunehmen. »Dadurch können wir und die Polizei nachvollziehen, woher wir unsere Ware beziehen«, erläuterte er.

Erst vor wenigen Tagen hatten Unbekannte Buntmetalle im Wert von 25 000 Euro aus einer Elektrofirma in Barchfeld (Wartburgkreis) gestohlen. Sie nahmen 18 Kabeltrommeln sowie mehrere Kubikmeter Kupferschrott und Draht aus Messing mit. Dabei gingen sie organisiert vor. Die Diebe fuhren mit einem Lastwagen an das Firmengelände heran, zerschnitten den Zaun und luden ihr Diebesgut mit einem Hubwagen ein. Zu Jahresbeginn hatten Diebe 80 000 Metallstäbe aus dem Lager eines Betriebes in Schwallungen (Kreis Schmalkalden-Meiningen) entwendet.

Im Sommer 2011 entdeckten Polizisten in den Wohnungen von drei jungen Männern in Nordhausen säckeweise Kabelummantelungen, die einst zu Kupfer- und Messingkabeln gehörten. Die Täter hätten über Monate hinweg Metall im Wert von knapp 11 000 Euro ergaunert. Die Kabel selbst hatten die Männer wohl verkauft.

Nach den Erfahrungen der Polizeidirektion Suhl gehen Diebe geschickt vor. »Sie geben Kabeltrommeln nicht einfach so ab, sondern zerhacken die Kabel, nehmen die Ummantelung ab und verkaufen nur das innere Kupfer.«

Codierung als Schutz?

Manche Diebe seien einfach nur dreist. So hatten im September 2011 zwei Männer in Erfurt gestohlene Gullydeckel in einer Mülltonne versteckt. Sie hatten vor, diese bei einem Schrotthändler zu Geld zu machen, wurden jedoch von Ordnungskräften bei der Tat ertappt.

»Wir versuchen, die Metalldiebstähle einzudämmen«, sagte eine Erfurter Polizeisprecherin. An Orten, an denen sich Diebstähle häuften, würde deshalb verstärkt Streife gefahren. In Thüringen klärten die Kriminalbeamten 2011 etwa jeden vierten Metalldiebstahl (25,8 Prozent) auf.

Auch die Deutsche Bahn leidet unter dem Metalldiebstahl. Allein in Thüringen stieg 2010 die Zahl der Diebstähle an Bahnanlagen um 31 Prozent auf 59 Fälle. Die Nachbarländer Sachsen-Anhalt und Sachsen verzeichneten sogar Anstiege von 85,5 und 52 Prozent. Der Bahnkonzern will Metall deshalb codieren. Damit können etwa gestohlene Schienen oder Leitungen zukünftig auf Schrottplätzen als Diebesgut herausgefiltert werden.

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