Ungesunde Suppe

Kommentar von Silvia Ottow

  • Lesedauer: 2 Min.

Dass psychische Krankheiten entstehen können, wenn der Mensch unter widrigen Umständen arbeitet, ist nicht neu. Aber neu und erschreckend ist, mit welchem Tempo sich die Anzahl der Menschen erhöht, die aufgrund solcher Erkrankungen ihre Arbeit ganz und gar aufgeben müssen. Hier stimmt doch etwas nicht!

In einer Zeit, in der die meisten Arbeitsprozesse technisch leichter zu bewältigen sind, haben Erwerbstätige immer öfter andere Probleme: Sie müssen Angst haben, ihren Job zu verlieren, weil sie nur befristet eingestellt wurden. Sie können nicht von einer Arbeit in Vollzeit leben, weil sie zu Dumpinglöhnen gezwungen sind. Sie müssen Tag und Nacht verfügbar sein und geraten immer öfter in eine Arbeitsatmosphäre der Rücksichtslosigkeit und Unkollegialität, die vor allem dort entsteht, wo jeder seine Stelle mit aller Gewalt verteidigen muss und der Nachbar vielleicht für die gleiche Arbeit nur die Hälfte des Entgelts bekommt oder aber das Doppelte ... Solche demütigenden Verhältnisse kann der Mensch auf die Dauer nicht ertragen, ohne Schaden zu nehmen.

Das Experiment der Politik, die ein Jobwunder zusammenrühren wollte, indem sie Zeitarbeit, Befristungen und Dumpinglöhne in einen Topf warf, ein wenig Hartz-IV-Sanktionsgeschmack und Arbeitskräfte-aus-Osteuropa-Pulver drüberstreute, hat nicht funktioniert. Es ist eine ungesunde Suppe geworden, die aber leider immer wieder aufgewärmt wird.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal