Freiheit, die mit Daten bezahlt wird

NETZpolitik: Demokratie-Forum auf dem Hambacher Schloss

  • Christoph Nitz
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Diskutanten des zehnten Demokratie-Forums auf dem Hambacher Schloss sollten die Frage beantworten, ob das Zukunftsmodell Netzpolitik »Piraten-Placebo oder Vitalitätsspritze für die Passiv-Gesellschaft« sei. Das Schloss eignet sich für eine Debatte über die Medien der Zukunft, da vor 180 Jahren beim Hambacher Fest u.a. gegen die Zensur der damals modernsten Medien protestiert wurde. Moderator Thomas Leif (SWR-Chefreporter) musste nach zwei Stunden Diskurs konstatieren, dass »mehr Fragen als Antworten« aufgeworfen wurden. Mit Daniel Domscheit-Berg (Gründer OpenLeaks), Pia Schellhammer (Grüne), Pavel Mayer (Piraten), Mathias Richel (Vorsitzender des Thinktanks D 64), Volker Birk (Chaos Computer Club) und Jeanette Hofmann (Wissenschaftszentrum Berlin) war das Podium durchaus prominent besetzt.

Netzpolitik hat sich in den letzten Jahren vom Exoten-Thema - durch die Wahlerfolge der Piraten beschleunigt - in den Fokus von Politik und Gesellschaft geschoben. Dies bekäme auch die Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« zu spüren, deren öffentliche Sitzungen mitunter einem »Schaulaufen« glichen, beklagte Jeanette Hofmann. Die Fraktionsspitzen der Parteien wollten in die Kommission hineinregieren und einige der Abgeordneten aus dem Regierungslager müssten »gegen ihre eigenen Überzeugungen« abstimmen.

Das Internet rücke zudem ins Visier wirtschaftlicher Interessen - »Geld ist Macht« resümierte Volker Birk. Das Internet habe Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft und entsprechend wichtig sei es, die Verteilung von »Freiheit, Macht und Eigentum in der digitalen Gesellschaft« zu klären. Heute müssten die Weichen gestellt werden, damit »nichts für die Zukunft verstellt« werde, betonte Daniel Domscheit-Berg. Beim Thema Netzneutralität verstünde ein Großteil der Bevölkerung die Wichtigkeit dieser Frage überhaupt nicht. Die Claims der digitalen Zukunft werden abgesteckt und die Nutzer seien leider der David, Unternehmen wie Facebook, Apple und Google sowie die »großen Telkos« die Goliaths. Alles was im Internet kostenfrei zu bekommen sei, werde in Wahrheit »mit unseren Daten« bezahlt.

Es gelte, einer digitalen Spaltung der Gesellschaft entgegenzutreten, ein »Recht auf Netz« müsse etabliert werden, da jeder, der nicht Zugang zum Internet habe, »aus der Gesellschaft ausgeschlossen« sei, so Mathias Richel. Medienkompetenz müsse schon an Schulen vermittelt werden, etwa die Fähigkeit, private Daten zu schützen. Wenn die Möglichkeiten des Netzes von den Bürgern wahrgenommen würden, könne die Demokratie gewinnen - diese Forderung von Jeanette Hoffmann passte gut zum Hambacher Schloss und schloss den Zirkel zwischen Vergangenheit und Zukunft.

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