Keine Schonzeit für Altmaier

Gorleben, Asse, Energiewende - Atomkraftgegner erwarten vom neuen Umweltminister zügiges Handeln

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Atomkraftgegner gewähren Peter Altmaier keine Schonzeit. Bürgerinitiativen und Verbände sowie Grünen- und LINKE-Politiker reagieren ungeduldig auf den Wechsel an der Spitze des Bundesumweltministeriums.

Mit Forderungen nach einem endgültigen Aus für den Endlager-Standort Gorleben, nach mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung bei der Entsorgungsdebatte sowie nach höherem Tempo bei der Räumung des Atommülllagers Asse reagierten Organisationen der Atomkraftgegner und Politiker der Grünen und LINKEN auf den angekündigten Führungswechsel im Bundesumweltministerium. Dieser biete die Chance, »die überfällige Atommülldebatte offen und nicht taktisch zu führen«, sagt etwa Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Die Initiative bemängelt schon länger, dass die Gespräche über ein Endlagersuchgesetz hinter verschlossenen Türen laufen und nur Parteien daran beteiligt sind.

Gorleben müsse aus dem Pool der zu prüfenden Endlagerstandorte ausscheiden, der Salzstock sei geologisch völlig und zudem »politisch verbrannt«, so Ehmke. Die Bürgerinitiative verlangt zudem, Altmaier müsse die Energiewende forcieren. Der »halbherzige« Atomausstieg werde bislang nicht von energischen Schritten zur Förderung der Regenerativen Energien flankiert.

Die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms forderte Altmaier gleichfalls auf, zunächst eine offene Debatte zu den Problemen im Bereich der Endlagerung von Atommüll zu führen. Der große Fehler des am Mittwoch entlassenen Ressortchefs Norbert Röttgen (CDU) sei es gewesen, dass er allein darauf gesetzt habe, einen Parteienkonsens zu schmieden. Das reiche jedoch für einen Neuanfang bei der Endlagersuche nicht aus, sagte Harms. Die Grünen-Politikerin ist im Wendland zu Hause.

Die LINKE im niedersächsischen Landtag verlangt von der Landesregierung in Hannover, dem »Neuling« Altmaier mit klaren Forderungen entgegenzutreten. Gorleben müsse als Endlager fallen gelassen und der Asse-Atommüll zurückgeholt werden, sagte der Umweltexperte der Fraktion, Kurt Herzog, dem Internet-Portal »Wendland-Net«. Bedenklich sei allerdings, dass Altmaier keine umweltpolitische Kompetenz mitbringe.

Die Bergung der radioaktiven Abfälle aus dem einsturzgefährdeten Bergwerk dulde keinen Aufschub mehr, sagt auch der Asse-Experte des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND), Tobias Darge. Die Rückholung der rund 126 000 Atommüllfässer sei und bleibe eine der dringlichsten umweltpolitischen Aufgaben überhaupt.

Aktivisten vor Ort befürchten nach Röttgens Entlassung weitere Verzögerungen bei der Asse. »Jetzt wird alles noch komplizierter« - so kommentiert Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis den Wechsel im Kabinett. Röttgen habe sich bei seinem ersten Asse-Besuch vor zwei Monaten zwar nicht besonders informiert gezeigt, aber immerhin zugesagt, noch im Mai einen Zeitplan für die Rückholung des Mülls vorzulegen. Ob sich sein Nachfolger daran halten werde, sei nicht sicher.

Ähnlich äußert sich der evangelische Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber. Röttgen habe glaubhaft und entschieden für die Rückholung des Atommülls aus der Asse plädiert, daran werde sich sein Nachfolger messen lassen müssen.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner (FDP) fordert von Altmaier ebenfalls eine klare Linie beim Umgang mit der Asse. Die Bundesregierung dürfe sich keine Verzögerungen mehr erlauben, sagte Birkner dem NDR. Er warte seit Wochen auf ein Signal aus Berlin, wann die erste Kammer mit radioaktiven Abfällen probeweise angebohrt werden könne. Pikant: Birkners Vorgänger und Parteifreund Hans-Heinrich Sander (FDP), der bis Mitte Januar im Amt war, galt bei der Räumung der Asse als größter Bremser.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) drängt Altmaier zu zügigem Handeln bei der Energiewende. Gerade beim Anschluss der Offshore-Windparks an das Stromnetz und beim Ausbau der Stromtrassen seien unkonventionelle Lösungen erforderlich, weil die Kapitalausstattung der Betreiber offensichtlich nicht ausreiche, um alle notwendigen Investitionen zu tätigen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal