Opposition lehnt Kandidatin ab

Von Linksfraktion nominierte Schriftstellerin kann nicht Verfassungsrichterin werden

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Heute sollte neben dem neuen Präsidenten des Landesverfassungsgerichts, Jes Möller, auch die von der Linksfraktion benannte Kandidatin Julia Schoch als Richterin gewählt werden. Schochs Wahl muss wegen ablehnender Stimmen aus der Opposition aber verschoben werden, und ob die Schriftstellerin und Übersetzerin überhaupt noch in das Gremium entsandt wird, ist nicht sicher.

»Wir halten an der Kandidatin fest und führen mit der Opposition weiter Gespräche dazu«, sagte gestern Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Holzschuher fügte hinzu, seine Partei trage die von den LINKEN nominierte Kandidatin auf jeden Fall mit. Ein Teil der Richter im Verfassungsgericht darf juristischer Laie sein, daher ist Julia Schochs Kandidatur möglich.

Weil Verfassungsrichter mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament bestätigt werden müssen, ist der rot-rote Regierungsblock auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Die aber zeigt derzeit die kalte Schulter.

Als »nicht wählbar« bezeichnete FDP-Fraktionschef Andreas Büttner die Schriftstellerin. Während der Vorstellung in der FDP-Fraktion habe die Kandidatin »nicht überzeugt«. Er wolle sich aber auf ein weiteres Gespräch mit Fraktionschefin Kaiser einlassen, erklärte Büttner. Die LINKE müsse nun sagen, wie sie mit der Situation umgeht.

Der liberale Politiker räumte noch ein, die Kandidatin Schoch habe bei der Vorstellung in der FDP-Fraktion einen Tag vor der Entbindung eines Kindes gestanden. Möglicherweise ist es auch darauf zurückzuführen, dass ihre Präsentation nicht optimal gewesen sei.

Am gleichen Tag und also in den gleichen Umständen hatte sich Julia Schoch auch bei der CDU vorgestellt und »keinen guten Eindruck hinterlassen«, wie der amtierende Fraktionsvorsitzende Dieter Dombrowski gestern bekanntgab. Er beschrieb die Kandidatin als »unbedarft«. Auf Nachfrage habe sie bestätigt, im Gericht Politik machen zu wollen. Das gehe nicht, meinte Dombrowski. Es habe daraufhin keine Nachfragen gegeben.

Auch bei den Grünen habe Schoch »nicht überzeugt«, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Wenn der Hauptausschuss sich nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigen könne, täte die LINKE gut daran, »nicht an der Kandidatin festzuhalten«.

Mitte der 1990er Jahre lag eine ähnliche Situation vor, damals brachte die PDS ihren Vorschlag, die Autorin Daniela Dahn, nicht durch, obwohl die regierende SPD-Spitze diese Kandidatin zuvor ausdrücklich unterstützt hatte. An Dahns Stelle wurde später Robert Havemanns Sohn Florian ins Verfassungsgericht gewählt.

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