BER-Kosten heben ab

Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft geht nun von 4,4 Milliarden Euro für Airport aus

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

»Willkommen am modernsten Flughafen Europas«, heißt es immer noch auf der Startseite der Flughafengesellschaft. Auf Unwissende muss das wirken, als wenn der neue Hauptstadtflughafen »Willy Brandt« in Schönefeld - Kürzel: BER - bereits in Betrieb gegangen wäre. Dabei ist noch völlig unklar, ob der nach der Verschiebung anvisierte Eröffnungstermin 17. März 2012 zu halten ist. Gestern beschäftigte sich der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, an der die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund beteiligt sind, auf der Airportbaustelle auch mit diesem Thema. Bis zum Redaktionsschluss dieser Seite war die Sitzung nicht beendet.

Erwartet wurde jedoch, dass als Nachfolger des nach der Terminverschiebung geschassten Chefplaners Manfred Körtgen auf der Sitzung Horst Amann, vormals Manager der Flughafengesellschaft Fraport in Frankfurt am Main, präsentiert wird. Der 59-Jährige soll das kriselnde Projekt retten. Amanns Aufgabe könnte auch sein, den endgültigen Termin für die Eröffnung des Großflughafens festzulegen. Ursprünglich sollte der BER am 3. Juni 2012 in Betrieb gehen. Probleme mit der Brandschutzanlage, die seit Dezember 2011 bekannt waren, hatten jedoch eine Verschiebung nötig gemacht. Das für die Abnahme zuständige Landratsamt Dahme-Spreewald hat gerade seine Bedenken erneuert, dass der Brandschutz auch nicht bis März in den Griff zu bekommen sei.

Um die Baufortschritte künftig besser kontrollieren zu können, soll nach Informationen der »BZ« ein neuer Steuerungskreis eingesetzt werden. Dieser Kreis soll der Zeitung zufolge die Arbeiten besser als bisher koordinieren und den zügigen Fortschritt der Arbeiten sicherstellen. Berichtspflichtig ist das neue Kontrollgremium gegenüber dem Aufsichtsrat. Überdies soll der Steuerungskreis gewährleisten, dass die Firmen schnellstmöglich verbindliche und geprüfte Planungen erhalten. Nach Informationen des Blattes fehlen bislang vielfach behördliche Genehmigungsstempel auf den Unterlagen. Durch kurzfristige Planänderungen sei in es in den letzten Monaten immer wieder zu erheblichen Verzögerungen und auch steigenden Kosten gekommen.

Die zusätzlichen Kosten wiederum, die immer mehr explodieren, waren ein weiterer Schwerpunkt der Aufsichtsratssitzung: Nach neuesten Berechnungen des Flughafengesellschaft, die an die Medien durchgesickert waren, soll der Flughafen nun angeblich 4,3 Milliarden Euro kosten. Das ist fast doppelt so viel, wie im Jahr 2007 veranschlagt worden war, als noch von 2,5 Milliarden Euro die Rede war.

Demnach könnten allein die Baukosten auf 3,4 Milliarden Euro steigen. Hinzu könnten etwa 150 Millionen Euro kommen, weil neun Monate lang übergangsweise die bestehenden Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld weiter betrieben werden müssen. Mit bis zu 200 Millionen Euro Schadenersatzforderungen von Fluggesellschaften und anderen Firmen könnte gerechnet werden.

Unabhängig von den Bauproblemen entsteht ein größerer Kostenblock beim Lärmschutz, der nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg verbessert werden muss. Möglicherweise müssen dafür bis zu 600 Millionen Euro mehr investiert werden als bisher vorgesehen.

Rechtsanwälte der Anwohner pochten gestern darauf, dass der jüngst ergangene Eilbeschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) umgesetzt wird. »Die Botschaft des OVG Berlin-Brandenburg ist für uns eindeutig: Das Schallschutzprogramm des Flughafens muss bis zur Inbetriebnahme realisiert sein«, erklärte die Kanzlei Wolfgang Baumann Rechtsanwälte in einem Schreiben an das brandenburgische Verkehrsministerium. Die Anwälte forderten das Ministerium auf, als »Ultima Ratio« auch eine erneute Verschiebung des Eröffnungstermins in Erwägung zu ziehen. Denn es sei schon jetzt abzusehen, dass die Mittel nicht ausreichen werden, um die Verzögerungen beim Schallschutz aufzuholen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal