Abschied

DVD Biutiful

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 3 Min.

Javier Bardem wird, wenn der neue James-Bond-Film im Herbst (am 1. November) in die Kinos kommt, als Bösewicht und Gegenspieler des Superagenten 007 zu sehen sein (den zum dritten und wohl letzten Mal Daniel Craig verkörpern wird). »Skyfall« (Himmelssturz) heißt das 23. Bond-Abenteuer, bei dem Sam Mendes Regie führt.

Einen Sturz aus dem Alltag, der nie ein Himmel war, eher Hölle auf Erden, erlebt Javier Bardem in der Rolle des Uxbal in »Biutiful«. Uxbal: Kein Bösewicht, sondern ein Mensch, dem das Schicksal immer irgendwie die Schattenseite des Lebens zugewiesen hat. Er lebt am Rande von Barcelona - es könnte auch jeder andere Ort der Deklassierten dieser Welt sein. Er ist eine Waise und hätte gern Sicherheit für seine Familie, die sich nur gerade so über Wasser halten kann und in einer schäbigen Wohnung lebt. Aber seine Frau - die Frau, die er liebt trotz aller Verzweiflung - ist psychisch krank, und er kann den Kindern Ana und Mateo, die sein Ein und Alles sind, den Umgang mit ihrer Mutter, die Drogen nimmt und sich seinem Bruder prostituiert, nicht zumuten. Uxbal ist, so verschlossen er erscheint, ein geradliniger, gerecht fühlender Charakter. Doch seine Methoden, sich ein Einkommen zu verschaffen, um die Kinder zu versorgen, sind dunkler Art: Er ist ein sogenannter Kleinkrimineller. Er geht Tätigkeiten nach, die letztlich denen, die noch weiter unten in der Gesellschaftshierarchie stehen als er, ein Überleben ermöglichen: Immigranten, Illegalen, Schwarzarbeitern, Schwarzhändlern. Er besticht die Polizei.

Der Sturz - zu Beginn des Films: Uxbal wird eben Krebs diagnostiziert. Ihm bleibt nur kurze Frist, seine Angelegenheiten so zu regeln, dass es auch ohne ihn weitergeht. Doch noch bevor er sich mit der Endgültigkeit des Todesurteils abfinden und Frieden mit der gnadenlosen Welt schließen kann, ereilen ihn weiter Schicksalsschlag auf Schicksalsschlag, als werde er geprüft wie Hiob.

Eine ergreifende Tour de Force und Hohe Stunde der Schauspielkunst des ersten spanischen Oscar-Preisträgers Javier Bardem (dem diese »Lotterie« der Oscar-Verleihung übrigens fragwürdig, weil ungerecht gegenüber anderen Schauspielern ist). Das Ausgeliefertsein, dem Lebens-Lauf trotz guten Willens niemals die gewünschte Wendung geben zu können - wie es Uxbal trifft, das verkörpert Bardem extrem kraftvoll, glaubwürdig und mit allen Nuancen von Liebe und übermenschlicher Hoffnung. Die Wucht dessen, was er zu erleiden hat - in manchen Momenten wird die Last selbst dem Zuschauer zur schwer erträglichen Zumutung. Unter der Regie des mexikanischen Meisterfilmers Alejandro González Iñárritu (»Amores Perros«, »21 Gramm«, »Babel«) entfalten auch die anderen Darsteller bemerkenswerte Leistungen, die dem Herausragen Bardems Unterfutter geben, wie Maricel Álvarez als Uxbals Frau Marambra, Hanaa Bouchaib als die neunjährige Ana und Guillermo Estrella als ihr jüngerer Bruder Mateo oder auch Diaryatou Daff als senegalesische Einwanderin Igé und Eduard Fernández als Uxbals Bruder Tito.

Ein Drama von melancholischer Poesie - es schmerzt in jedem Moment der 147 Filmminuten, auch in denen der Zärtlichkeit, bleibt erinnerlich in jeder Körperfaser.

»Biutiful«. Auf DVD und Blu-ray. PROKINO Home Entertainment. Umfangreiches Bonusmaterial, von Regisseur Alejandro González Iñárritu zusammengestellt. U.a. das beeindruckende Video-Tagebuch von den Dreharbeiten, das die sozialkritischen Fakten der Filmstory ins Licht der Realität in der globalisierten Welt stellt. 34,90 Euro.

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