Fenster zur Welt

Bei Spezialführungen durch Nürnberg erfährt man viel über fairen Handel und Einkaufsalternativen

  • David Kluthe, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit diesem Jahr kann man bei Stadtführungen in Nürnberg viel Interessantes über fairen Handel erfahren. Fair-Trade-Produkte gibt es jedoch längst nicht mehr nur im Kleine-Welt-Laden.

Nürnberg. Zum Warmwerden gibt's eine Runde Bingo zum Thema Menschenrechte. Schüler der Nürnberger Berufsschule Fünf müssen Unterschriften sammeln, um ihre Bingo-Reihen vollzukriegen. Für ein Feld brauchen sie jemanden, der »schon einmal eine fair gehandelte Sache gekauft hat«. Für ein anderes jemanden, der regelmäßig als Kind arbeiten musste. Kurz darauf beginnt die »Fairkauft«-Führung durch Nürnberg, geleitet von Bingo-Spielleiter und Fair-Trade-Fachmann Dominik Amersdorffer.

»Einfach umgucken«

Amersdorffer studiert Soziale Arbeit in Eichstätt. Zusammen mit Mitarbeitern des »Fensters zur Welt« in Nürnberg hat er ein Konzept für Stadtführungen über Menschenrechte und nachhaltigen Konsum entwickelt. Seit Anfang des Jahres erzählen die speziellen Stadtführer Schulklassen oder Rentnergruppen, wo ihre Kleidung herkommt, für welche Hungerlöhne Menschen bei der Herstellung in aller Welt schuften müssen und wie wenig Geld von einem Becher Kaffee am Ende bei dem Kaffeebauern in Brasilien ankommt.

»Das Ziel ist, ein Bewusstsein zu schaffen«, sagt der 23-Jährige. Zwei Stunden lang führt er die Schüler dafür durch die Innenstadt. Von Fair-Trade-Geschäften und Secondhand-Läden in kleinen Nebenstraßen geht es zu den bekannten Klamotten-Geschäften in der Fußgängerzone. »Einfach umgucken, es gibt Alternativen«, rät Amersdorffer den Jugendlichen. Dass sie nach der Führung nur noch fair gehandelte Klamotten kaufen - daran glaubt er allerdings nicht.

Dabei hätte er angesichts der aktuellen Zahlen allen Grund zu Optimismus. Im vergangenen Jahr gaben die Menschen in Deutschland nach Angaben des bundesweiten Vereins »TransFair« rund 400 Millionen Euro für Fair-Trade-Produkte aus - 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Hauptsächlich kauften die Verbraucher Kaffee, Blumen und Bananen. »Seit 2002 ist der Gesamtumsatz um das Achtfache gestiegen«, sagte TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath. Weltweit profitieren von dem fairen Handel nach Angaben des Vereins etwa 1,2 Millionen Kleinbauern und Arbeiter in 63 Ländern.

Über Großhändler wie das Fair-Handelshaus Bayern kommen die Produkte nach Deutschland und landen zum Beispiel in einem der rund 200 Kleine-Welt-Läden im Freistaat, die oft ehrenamtlich geführt werden. Immer häufiger sind die Fair-Trade-Produkte inzwischen aber auch in den großen Supermärkten zu finden. »Der Handel reagiert auf die wachsenden Bedürfnisse der Kunden«, sagte dazu Bernd Ohlmann vom Bayerischen Handelsverband. »Das sind Zuwachsraten, von denen der klassische Einzelhandel nur träumen kann.« Luft nach oben gibt es trotzdem noch: Nach Schätzungen des Verbands haben nur gut ein Zehntel der bayerischen Einzelhändler Fair-Trade-Produkte im Angebot.

Hier rein, da raus?

Die 13 Nürnberger Berufsschüler sind nach zwei Stunden zurück am »Fenster zur Welt«-Laden in der Innenstadt. Ihre Konzentration hat im Laufe der Führung etwas nachgelassen. »Das alles geht oft hier rein und da wieder raus«, sagt Klassenlehrerin Michaela Mühmer. Ihr gehe es aber darum, dass zumindest ein paar Schlüsselwörter bei ihren Schülern hängen bleiben. Für Amersdorffer, das »Fenster zur Welt« und viele Kleinbauern in aller Welt wäre auch das schon ein kleiner Erfolg.

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