Kurze Mitteilung

Gedruckte-, gezeichnete- oder aquarellierte Künstlerpostkarten der »Brücke« ausgestellt

  • Klaus Hammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Künstlerisch gestaltete Postkarten gibt es seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert, vor allem nachdem die so genannte »Korrespondenzkarte« als neues Kommunikations- und Nachrichtenmittel eingeführt wurde. Aber die Expressionisten waren die ersten, die die eigenhändig gestaltete Karte zum Bestandteil ihres künstlerischen Gesamtschaffens erhoben haben. Die Künstler der »Brücke«, aber auch die des »Blauen Reiter«, arbeiteten weitgehend unabhängig voneinander, waren oft unterwegs oder verbrachten die Sommermonate getrennt voneinander, und so skizzierten sie ihre Bildideen und optischen Eindrücke auf die Postkarte, die sie an ihre Künstlerkollegen, Freunde und Freundinnen, die ihnen auch Modelle waren, Lebensgefährten, Sammler und Förderer verschickten. Vor allem wollte die Hamburger Kunsthistorikerin Rosa Schapire ständig über die Arbeit der »Brücke«-Künstler unterrichtet sein, und so war sie eine der häufigsten Adressaten (allein über 100 Karten hat sie empfangen). Die »Kunstkarten« stellen oftmals Vorarbeiten zu später ausgeführten Werken dar und bieten neben ihrem besonderen künstlerischen Wert auch wichtiges Quellenmaterial für das Leben und Schaffen der Künstler.

Das Brücke-Museum, das neben dem Altonaer Museum in Hamburg die größte Postkartensammlung der Brücke-Künstler ihr Eigen nennt, stellt - ergänzt durch viele Leihgaben - 67 dieser Zeichnungen, Aquarelle und Holzschnitte in Miniaturformat vor. Dabei wird jedes Mal auf einem Informationsschildchen der dazu gehörige Text der Postkarte angegeben. Die immer wieder behandelten Themen sind: Blicke in Cafés und Restaurants, Darstellungen aus der Welt des Zirkus, des Varietés und des Theaters, Atelierszenen, Akte, Badende, Köpfe und Bildnisse, Landschaften und Schiffe. Karl Schmidt-Rottluffs Postkarten sind meist von der oldenburgischen Ostsee oder der Gegend um Dangast inspiriert, wo er sich zwischen 1907 und 1914 wiederholt aufgehalten hat. Rigorose Formverknappung, harte Kontraste wie Flüssigkeit und Transparenz stark leuchtender Farben verleihen seinen Zeichnungen große Unmittelbarkeit. In »Segelboot an der Küste« (1910) werden Tuschelinien analog zu den Kreidestrichen gesetzt, während in »Villa mit Turm« (1911) von der Tuschelinie elementare Bildelemente fixiert werden. Dagegen kennzeichnen herbe Strenge, geschlossen blockhafte Form, unbedingte feste Starre seine Figurendarstellungen »Hockende« und »Weiblicher Akt mit Pflanze« (beide 1924).

Bei Ernst Ludwig Kirchner liegt die formale Konzentration in einer knappen Bewegungsformel. Sein späterer Begriff der Hieroglyphe hat hier schon seine Vorzeichen gefunden. Die Postkarten-Zeichnung »Badende an den Moritzburger Teichen« (1909) steht in Beziehung zu dem im gleichen Jahr entstandenen Ölbild »Im See badende Mädchen.« Die »Tanzenden« (1911) in rhythmischem Stakkato deuten dann schon die nervöse Hektik der Großstadtszenen an, die Kirchner nach der Übersiedlung nach Berlin schuf.

Erich Heckel nähert sich manchmal der Monumentalität Schmidt-Rottluffs, manchmal der vehementen Linienführung Kirchners, mit der dieser den Betrachter suggestiv ins Bild einbeziehen wollte. Das weist ihn als Mittler aus, der die unterschiedlichen Temperamente zusammenhalten konnte. In den Szenen »Theaterbalkon« (1911) und »Konzert« (1912) versetzt die ungezügelt dahin schießenden Farbe die Bildfläche in brodelnde Erregung.

Max Pechstein wiederum vermochte seinen farbig durchglühten Bildern eine ungeheure Leichtigkeit des Ausdrucks zu verleihen. Der flexible Tuschpinsel fängt im Porträt Schmidt-Rottluff oder im »Selbstbildnis mit Zigarre« (beide 1909) ganz die Spontaneität des Augenblicks ein, die schwarze Tusche ist von leuchtender Farbigkeit.

»Besten Gruß…« Künstlerpostkarten der »Brücke«. Brücke-Museum Berlin, Bussardsteig 9, tägl. 11-17 Uhr (dienstags geschlossen), bis 23. September

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