Drei Direktmandate – aber wo?
Als aussichtsreich für die LINKE gilt noch Enkelmanns Wahlkreis in Ostbrandenburg
Fast alles ist rot am Dienstagmorgen beim Frühstück unter freiem Himmel. In der Bernauer Bürgermeisterstraße gibt es rote Brause, Tomaten, Lachsschnittchen und Radieschen. Als Tischdecken dienen Fahnentücher der LINKEN. Gastgeberin Dagmar Enkelmann trägt ein rotes Kleid. Die Tüte Gummibärchen war zwar ursprünglich bunt gemischt, doch die Politikerin setzte sich daheim hin und sortierte wie Aschenputtel die guten Roten ins Töpfchen und die schlechten Andersfarbigen ins Kröpfchen, wie sie lachend verrät.
Enkelmann hat wieder einmal Bürger ihrer Heimatstadt eingeladen, etwas zu essen und über Politik zu reden. Sie begrüßt viele Leute mit Küsschen, spricht sie mit dem Vornamen an. Gefragt wird beispielsweise, ob der Bernauer Herzklinik im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Krankenhaus eine unliebsame Konkurrenz erwächst und ob die Gebühren wirklich um zehn Prozent sinken würden, wenn die Stadt aus dem Wasser- und Abwasserzweckverband austritt.
Enkelmann kann antworten. Sie kennt sich bestens aus. Schließlich ist sie nicht nur Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, sondern darüber hinaus Linksfraktionschefin im Stadtparlament. Diese kommunalpolitische Verankerung und die herzliche Art der Politikerin sorgen dafür, dass sie in ihrem Ostbrandenburger Bundestagswahlkreis außerordentlich populär ist.
Von den 16 Wahlkreisen, die 2009 von Sozialisten gewonnen wurden, befinden sich vier in Ostbrandenburg. Angesichts des Schwächelns der Partei glaubt aber niemand, dass sich dieser Erfolg 2013 wiederholen lässt. Allenfalls drei schon mehrmals geholte Wahlkreise in Ostberlin und vielleicht der von Enkelmann in ihrem Revier Märkisch-Oderland/Barnim gelten noch als aussichtsreich. Keiner hatte 2009 in Brandenburg so deutlich gewonnen wie Dagmar Enkelmann, deren Abstand auf den Zweitplatzierten 13,4 Prozent betrug. Ihr Name verfügt über enorme Zugkraft. Doch ist offen, ob sie wieder antreten wird. Das möchte sie in den nächsten Tagen überlegen.
Es gibt zwar keine bessere Variante, aber vielleicht eine gute. Für den Fall der Fälle wird über eine Alternative nachgedacht. Zu hören ist die Idee, es mit der bisherigen Landtagsfraktionschefin Kerstin Kaiser zu versuchen. Diese lebt in Strausberg, der zweiten großen Stadt im Wahlkreis.
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