Ordentliche Bilanz half auch nicht weiter

Die LINKE hat zentrale Wahlversprechen erfüllt und trotzdem etliche Wähler enttäuscht

Nicht gut und energisch genug geführt haben soll Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser ihre Kollegen im Landtag. Das wird ihr schon lange vorgeworfen und hinter vorgehaltener Hand als Grund für ihre Ablösunggenannt. Viele geben aber neidlos zu: Kerstin Kaiser habe ein großes Talent. Sie lasse sich kurz über einen Sachverhalt informieren und könne dann im nächsten Moment vor einer Fernsehkamera stehen und die Argumente der Partei überzeugend darstellen. Eine sehr nützliche Eigenschaft!

Eine solche Arbeitsweise setzt allerdings voraus, dass jemand da ist, der die Informationen liefert und im Hintergrund den Laden schmeißt. Einen solchen Mann hat es auch gegeben: Heinz Vietze, den langjährigen Parlamentarischen Geschäftsführer, der in Wirklichkeit immer mehr war als nur das. Vietze hielt auch den vorherigen Fraktionschefs Lothar Bisky und Dagmar Enkelmann den Rücken frei. Doch mit der Landtagswahl 2009 verabschiedete er sich aus dem Parlament. Kaiser musste nun ohne ihn auskommen.

Das ging nach dem Eintritt in eine erste rot-rote Koalition in Brandenburg noch zwei Jahre gut, so lange die Umfragewerte der Partei in Ordnung waren. Doch dann rutsche die LINKE, sicherlich auch im Sog der Bundespolitik, von 27 auf 20 Prozent ab. Dass man sich zuletzt ein wenig rappelte und wieder ein Prozent nach oben kletterte, beruhigte die Gemüter nicht ausreichend.

Unumstritten war Kerstin Kaiser nie. Aber auch darüber hinaus gibt es unter den einzelnen Abgeordneten zuweilen einige inhaltliche Differenzen und vor allem persönliche Vorbehalte. Darum hatte sich auch bis jetzt niemand gefunden, der in direkter Konkurrenz zu Kerstin Kaiser eine Mehrheit der Kollegen hinter sich gebracht hätte. Es gab keinen, dem alle zugetraut hätten, dass er es künftig ganz entschieden besser machen würde. Doch zuletzt häuften sich die erst vorsichtigen und dann immer deutlicheren Hinweise, Kaiser würde nicht mehr gewählt werden, man habe sich auf Christian Görke als ihren Nachfolger verständigt.

Trotz des niedrigen Zustimmungswerts kann die LINKE eigentlich eine ordentliche Bilanz ihrer Arbeit in der rot-roten Koalition vorweisen. Zentrale Wahlversprechen – etwa den Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen, mehr Bewegungsfreiheit für Asylbewerber, kleinere Schulklassen und kleinere Kindergartengruppen – sind bereits erfüllt. Dabei ist der Haushalt nicht aus dem Ruder gelaufen. Im Gegenteil: Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) steuert auf einen ausgeglichenen Etat 2014 zu. Dann sollen keine neuen Schulden mehr gemacht werden.

Für Unmut bei den Bürgern sorgen indes Dinge, die einstmals gegen den ausdrücklichen Wunsch der damals noch oppositionellen Linksfraktion verbockt wurden. Stichworte sind hier der Lärm am Großflughafen Schönefeld, den die Sozialisten dort nicht wollten, oder Beiträge für Altanschließer, wo doch die LINKE für eine Verjährung der finanziellen Forderungen plädiert hatte. Aber – so ungerecht ist Politik manchmal – die Wähler machten sich Illusionen, die LINKE könne in diesen Fällen noch für eine Kehrtwende sorgen.

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