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Traum vom grünen Fleckchen kann überall reifen

Es geht auch ohne GARTEN - wie das Kölner »Gartenglück« und »Berlin gärtnert« beweisen

  • Brigitte Müller, Hobbygärtnerin und Umweltautorin
  • Lesedauer: 3 Min.
Katergemütlichkeit im gemulchten Chrysanthemenbeet
Katergemütlichkeit im gemulchten Chrysanthemenbeet

Alle Zeit für Gemütlichkeit nimmt sich mein Kater und wechselt dabei im Garten oft den Platz. Er versucht meist mit mehr, mal mit weniger Glück, kleinen Pflanzen nicht zu nahe zu treten. Dabei liebt er Blumen mehr als Gemüse. Der Abstand zwischen den kleinen Chrysanthemen fand er gerade passend, um dort auf der weichen Mulchdecke, zur Kugel gerollt, warme Sommertage zu verträumen.

Immer mehr, vor allem junge Leute in großen Städten, träumen dagegen nicht nur im Sommer vom eigenen Gemüse. Sie finden es mit einem bisschen Nachdenken inzwischen ziemlich ungemütlich, woher selbiges (oft auch einheimisches!) aus aller Welt heran gekarrt und dann, nachdem etliches in den Regalen der Kaufhalle verwelkt ist, noch sinnlos »entsorgt« wird. Sie sorgen sich nicht nur um ihre Gesundheit, suchen und finden immer häufiger, auch ohne Haus mit eigenem Garten, Möglichkeiten, Gemüse anzubauen und zu ernten. Oft in einer Gemeinschaft, die sich aktiv um ihre Lebensmittel kümmern möchte, über den eigenen Gartenzaun hinaus.

In der Anlage »Gartenglück« in Köln z. B. bestellen landwirtschaftliche Fachleute eine ehemalige kleine Ackerfläche in langen Reihen mit verschiedenen Gemüse- sowie Kräutersorten und teilen sie dann quer in kleine Parzellen, die von Mai bis Oktober verpachtet werden. Meine Tochter Bea und ihre Mareike haben dort schon im ersten Jahr viel gelernt. Anregungen für eigene Ideen bei Anbau, Pflege und Ernte erhalten sie sowohl von den Verpächtern, aber auch von versierten Gärtnern aus Leidenschaft, die dort neben den meist jungen Leuten auch ein Stückchen Land beackern. Sehr erstaunt stellten sie fest, dass sie auf einer Fläche von nur 50 Quadratmetern so viele verschiedene Gemüsesorten und Kräuter ernten konnten, dass sie damit ein halbes Jahr abwechslungsreich versorgt waren. Zusätzlicher Effekt: Da das eigene Gemüseangebot so reichlich war, wurde noch weniger Fleisch gekauft. In diesem Jahr haben sie zusammen mit einer Arbeitskollegin die doppelte Fläche gepachtet: zwanzig verschiedene Gemüsesorten und acht Kräuter wachsen in dichten Reihen erstaunlich gesund. Nur die Tomatenpflanzen haben den frühsommerlichen Dauerregen nicht überstanden und die Kartoffelernte war durch Braun- und Krautfäule arg dezimiert.

Gärtnern in der Stadt, außerhalb von Kleingartenanlagen, und möglichst in Gemeinschaft, ist ja keine neuzeitliche Erfindung, auch wenn man das bei mancher Veröffentlichung heute annehmen könnte. Einen umfassenden Blick auf Geschichte, Gegenwart und Vision zu diesem Thema in Berlin liefert ein Büchlein des Berliner Verlages terra press. Herausgeberin Jana Kotte hat zehn Autorinnen und fünf Autoren zusammengeführt, die aus den verschiedensten Perspektiven beschreiben, wie es war, wie es vergessen und wiederbelebt wurde, dass »Berlin gärtnert«. Dabei wird kein Schauplatz des Großstadtgärtnerns ausgelassen: Balkon, Hinterhof, Vorgarten, Hausfassaden, Dächer, Straßen (Baumscheiben, Pflanzkübel), Haus-, Klein- und Gemeinschaftsgärten, Naturgärten, Grüne Initiativen, Kunst und Garten usw. Und zu allen Themen gibt es Adressen sowohl direkt im einzelnen Kapitel als auch im Serviceteil am Ende. Das Buch wird so auch zum praktischen Reiseführer für einen grünen Stadtbummel durch Berlin.

Berlin gärtnert von Jana Kotte (Hrsg.), terra press, Berlin 2012, 160 S., 14,80 €

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