Immer wieder Streit um Mekong-Kraftwerke

Laos stellt in diesem Jahr drei weitere Projekte fertig

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.
Unbeirrt verfolgt das Binnenland Laos das Ziel, durch den Bau von Wasserkraftwerken am Mekong und seinen Nebenflüssen zur »Batterie Südostasiens« zu werden. Kritiker bemängeln den mangel an Rücksichtnahme auf ökologische und soziale Folgen.

Luang Prabangs Bewohner haben gezittert. Der Kern der Weltkulturerbestadt im Norden von Laos liegt auf einem schmalen Streifen Land zwischen dem Mekong und einem seiner Nebenflüsse, dem Nam Khan. Der war außer Rand und Band geraten. Anwohner berichteten von ungezählten Bäumen, die von der Flut mitgerissen worden waren, von Tierkadavern, die im Wasser trieben, und großen Mengen Baumaterial. Am Nam Kan wird, wie an anderen Flüssen in Laos, gebaut. Hier war es eine neue Brücke über den Fluss, anderswo sind es meist Staudämme. Auch der Nam Khan steht auf der Liste der Kraftwerksbauer.

Allein in diesem Jahr sollen drei Kraftwerke ans Netz gehen. Im Norden steht Nam Ngum 5 mit 120 Megawatt Leistung vor der Vollendung, in Zentrallaos die Erweiterung des Kraftwerks Theun Hinboun von 220 auf 500 Megawatt, und im Süden soll Xekaman 3 (250 Megawatt) ans Netz gehen. Letzteres wird den Löwenanteil seiner Energie nach Vietnam liefern. Alle bisherigen Kraftwerke waren auf den Energiehunger des westlichen Nachbarn Thailand ausgerichtet. Damit steigt die Zahl der laotischen Wasserkraftwerke auf 18. Sie nutzen jedoch noch immer weniger als 10 Prozent des hydroenergetischen Potenzials des Landes.

Laos schreitet offenbar zielsicher auf dem Weg voran, zur »Batterie Südostasiens« zu werden. Wäre da nicht das Dauerproblem Sayaboury. Unweit der nordlaotischen Provinzhauptstadt soll nämlich das erste Wasserkraftwerk direkt am Hauptstrom des Mekong in Laos entstehen. Zwar hatte die Regierung im Juli erstmals ausländische Vertreter zum Baustellenbesuch eingeladen, doch Kritiker des Projekts fühlen sich an der Nase herumgeführt. Wiederholte Versicherungen, das Ergebnis zusätzlicher Studien abzuwarten und den Bau bis dahin auf Eis zu legen, ließen sich nicht mit Augenzeugenberichten von umfangreichen Bauarbeiten in Einklang bringen. Straßen wurden angelegt, eine Hochspannungsleitung zur Baustelle verlegt, die ersten Dörfer sind bereits umgesiedelt. Die offiziellen Formulierungen gewannen derweil an Spitzfindigkeit: Es entstünden noch keine permanenten Bauten im Fluss, hieß es. Das war die indirekte Bestätigung, dass die Bauarbeiten im Flussbett begonnen haben. Zuerst wird ein zeitweiliger Damm in den Mekong gebaut, der die eigentliche Baustelle trockenlegen soll.

Kritiker sehen in den Verlautbarungen der Regierung keinerlei Eingehen auf die Bedenken von Umweltschützern und Entwicklungsexperten, wonach die Auswirkungen des Dammes auf den Fluss, seine Fischbestände und auf das Leben von Millionen Menschen noch völlig unabsehbar seien, was weitere detaillierte Studien erfordere. Die Regierung dagegen scheint alles zu tun, um den 3,5-Milliarden-Dollar-Bau zu rechtfertigen, der von einer thailändischen Firma ausgeführt und weitgehend von thailändischen Banken finanziert wird.

Kambodscha und Vietnam, stromabwärts gelegen und noch stärker von möglichen Folgen bedroht, wollen inzwischen gemeinsam juristisch gegen Laos vorgehen. Und in Thailand wollen Aktivisten gegen das laotisch-thailändische Stromlieferabkommen vor Gericht ziehen. Thailand soll 95 Prozent des Stroms abnehmen.

Während die Diskussion um Sayaboury immer schriller wird, wird ein anderes Kraftwerksprojekt am Hauptstrom von der Öffentlichkeit kaum registriert. Glow Energy stellte kürzlich ein Umwelt- und Sozialgutachten über die Wirkungen ihres Thako-Projekts ganz im Süden von Laos vor. Hier geht es nicht um einen Damm, sondern um einen Kanal, den die in Thailand registrierte Firma mit französischem Hintergrund ganz in der Nähe der größten Wasserfälle Südostasiens anlegen und mit Turbinen versehen will. Auch Glow Energy behauptet, dass das Vorhaben kaum Auswirkungen auf das natürliche System des Mekong haben wird.

Im Falle Sayaboury besteht eine der auf Umweltbelange ausgerichteten Nachbesserungen im Bau von Fischtreppen. Die sollen allerdings erst im letzten Bauabschnitt entstehen. Wie und wo die Fische die vierjährige Bauphase überstehen, war bisher nirgends zu lesen.


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