Von Sündenböcken und sozialen Kämpfen

Strategien gegen Diskriminierung und Ausgrenzung auf dem Festival gegen Rassismus diskutiert

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 2 Min.
Diskutierkreis unterm Dach auf dem Blücherplatz
Diskutierkreis unterm Dach auf dem Blücherplatz

Die äußeren Bedingungen hätten für das von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis organisierte »Festival gegen Rassismus« am Wochenende nicht besser sein können. Auf dem Kreuzberger Blücherplatz wurden in über 20 Workshops, Lesungen und Podiumsgesprächen die verschiedenen Facetten von Rassismus und Stigmatisierung thematisiert.

Eine Diskussionsrunde mit der Gruppe »Soziale Kämpfe« beleuchtete beispielsweise den Zusammenhang von wirtschaftlichen Krisen und der damit oftmals einhergehenden Zunahme sozialchauvinistischer Einstellungen in der Gesellschaft. Inwiefern sich bei Prozessen der Stadtumstrukturierung rassistische Ressentiments reproduzieren, konnten Interessierte in einem Workshop mit dem Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm erfahren.

Ein von der Organisation »Sozialistische Alternative Voran« (SAV) veranstalteter Workshop befasste sich mit den pogromartigen Ausschreitungen gegen Asylbewerberheime in Rostock-Lichtenhagen, die sich 2012 zum 20. Mal jähren. »Zu Beginn der 1990er Jahre wurde durch einen von einzelnen Medien und der herrschenden Politik getragenen Das-Boot-ist-voll-Diskurs die Stimmung unwahrscheinlich fremdenfeindlich aufgeladen«, erklärt Hendrik von der SAV. Rassistische Sündenbockrhetorik treffe immer dann auf fruchtbaren Boden, wenn weite Teile der Gesellschaft existenzielle Abstiegsängste hätten, so der Referent. »Der Kampf gegen Rassismus muss immer auch mit der sozialen Frage verbunden werden«, fordert daher der Aktivist.

Das »Festival gegen Rassismus«, das künftig jedes Jahr in Berlin stattfinden soll, versteht sich vor allem als Plattform zur Vernetzung antirassistischer Initiativen und aktiver Einzelpersonen. So bot eine offene Bühne für jedermann die Möglichkeit, zwischen den festen Programmteilen eigene Themenschwerpunkte zu setzen und Diskussionen anzuregen. Freiwillige Übersetzer sorgten dafür, dass Sprachunterschiede keine Barriere für den gemeinsamen Dialog darstellte. »Wir verstehen Vielfalt als große Stärke. Es ist toll, wenn auf dem Fest so viele Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen zusammenkommen«, erklärt Sanchita Basu von »Reach Out«, einer Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt.

Auch die rund 30 Informationsstände verschiedenster Initiativen und Organisationen, darunter der Kreuzberger Ortsgruppe der LINKEN, gaben Gelegenheit, sich über konkrete Handlungsmöglichkeiten gegen Ausgrenzung und Diskriminierung aller Art auszutauschen. Die Veranstalter hoffen, dass Aktionen wie das dreitägige Festival dazu beitragen, eine breite Öffentlichkeit für das gesamtgesellschaftliche Problem Rassismus zu sensibilisieren.

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