Fünf Monate offen für Gespräche

LINKE eröffnet in Leipzig den OB-Wahlkampf

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Am 27. Januar wählen die Leipziger einen Rathauschef - oder eine Chefin. Das hofft die LINKE, die dafür fünf Monate Wahlkampf betreiben will.

Leipzigs Pfarrer bekommen in den nächsten Tagen Post. Barbara Höll schickt ihnen ein Heftchen, in dem auf 19 Seiten steht, was sie als OB in Leipzig verändern würde. Auch an 1000 andere prominente und wichtige Leipziger sendet die LINKE-Bewerberin für die Wahl des Rathauschefs am 27. Januar ihr Programm. Man setze, sagt Stadtparteichef Volker Külow, auf eine »möglichst frühzeitige Debatte mit der Stadtgesellschaft«.

Der frühe Start in den Wahlkampf soll die Ernsthaftigkeit von Hölls Vorhaben belegen: »Ich will die erste Oberbürgermeisterin der Stadt werden«, sagt die 54-jährige promovierte Philosophin, die mit dreijähriger Pause seit 1990 im Bundestag sitzt. Ihre Bewerbung nennt die alleinerziehende Mutter dreier Kindern eine »tief greifende persönliche Entscheidung«. Die Zeit sei in der Stadt, die bisher stets SPD-Oberbürgermeister hatte und seit 2006 von Burkhard Jung geführt wird, »reif für den Wechsel«.

Höll hatte vor sieben Jahren einen ersten Anlauf auf den OB-Posten unternommen. Damals ließ sie mit knapp 16 Prozent zwar den CDU-Bewerber klar hinter sich, hatte aber gegen Amtsinhaber Wolfgang Tiefensee keine Chance: Er wurde mit 67 Prozent gewählt. Als er ein Jahr später nach Berlin wechselte, stellte die LINKE den Sozialpolitiker Dietmar Pellmann auf. Er kam erneut auf 15,5 Prozent, was aber nur zu Platz drei hinter Jung und dem CDU-Kandidat reichte. Für die zweiten Runde verzichtete er. Dass nun erneut Höll zum Zuge kommt, entschied die Stadtpartei im März. Sie setzte sich in der internen Kür mit 48 zu 40 Stimmen gegen Ilse Lauter, die Chefin der Ratsfraktion, durch.

Erstes Thema der Wahlkampagne wird pünktlich zum Schuljahresbeginn die Lernmittelfreiheit sein, über die in Sachsen nach einem Gerichtsurteil in den Kommunen neu beraten werden muss. In ihrem Programm spielen zudem soziale Verwerfungen in der Stadt eine große Rolle, die als »Armutshauptstadt« in Sachsen gilt. Allein von den 17 700 Alleinerziehenden müssten 7500 von Hartz-IV-Leistungen leben, kritisiert Höll. Diese bräuchten Unterstützung und Hilfe. Wirtschaftspolitisch fordert Höll eine stärkere Förderung des Mittelstandes und den Verzicht auf die Privatisierung städtischer Betriebe. Sie plädiert außerdem für mehr Bürgerbeteiligung, etwa beim geplanten »Freiheits- und Einheitsdenkmal«. Die LINKE will dazu einen Bürgerentscheid, der parallel zur OB-Wahl am 27. Januar stattfinden soll. Es ist kein Geheimnis, dass sich die Genossen davon auch eine höhere Wahlbeteiligung besonders unter Kritikern der amtierenden Stadtspitze erhoffen. Ein Bürgerentscheid, räumt Külow ein, »mobilisiert und polarisiert«.

Hauptkontrahenten werden für Höll der SPD-Amtsinhaber sowie der parteilose Polizeipräsident Horst Wawrzynski sein. Den Parteilosen, der sein Amt im Oktober abgibt, hat die CDU aufgestellt. Die Grünen schicken Nachhaltigkeitsforscher Felix Ekardt ins Rennen. Wie fest Jung noch im Sattel sitzt, ist offen. Der Rathauschef gilt nach Affären um fragwürdige Verkäufe »herrenloser« Häuser oder um die Rolle städtischer Ämter beim Tod des Kindes einer Drogensüchtigen als beschädigt- hat aber in der langjährigen SPD-Hochburg auch einen gehörigen Amtsbonus.

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