Pieck als Pate

Dieter Dombrowski ist neuer Chef von Brandenburgs CDU-Fraktion

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine Woche nach dem Rücktritt der streitbaren wie umstrittenen Saskia Ludwig hat die brandenburgische CDU-Landtagsfraktion einen neuen Vorsitzenden gewählt. Mit 11 von 19 Stimmen gelangte der bisherige Vizevorsitzende Dieter Dombrowski ins Amt. Er habe sich ein besseres Ergebnis gewünscht, sei aber »nicht enttäuscht«, behauptete der 61-jährige Vater zweier Kinder.

Eine außerplanmäßige Wahl war in der CDU nötig geworden, weil Ludwig mit einem neuerlichen Gastbeitrag für die Wochenzeitung »Junge Freiheit« die Grenze zum Rechtspopulismus mindestens erreicht hatte. Mit deutlicher Mehrheit entzog ihr die Fraktion das Vertrauen.

Dombrowski - er stammt aus einer kinderreichen Familie, weshalb einst DDR-Präsident Wilhelm Pieck sein Pate wurde - war 2009 zur Vereidigung des Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) in einem DDR-Häftlingsanzug erschienen. Er störte so die Bildung der rot-roten Koalition. Zu DDR-Zeiten hatte Dombrowski nach einer gescheiterten Republikflucht 20 Monate im Gefängnis gesessen, was ihn prägte. 2003 initiierte Dombrowski eine Pro-USA-Resolution zum Irak-Krieg. Andererseits denkt er auch pragmatisch und befürwortete etwa bei einem Oberbürgermeisterwahlkampf in Cottbus eine lockere Zusammenarbeit mit den Sozialisten.

Für Dombrowski sollen politische Angriffe die CDU ihren Zielen näherbringen. Nach der mehrfachen Absage Platzecks an eine Neuauflage der Koalition mit der »Ludwig-CDU« will er nun die Christdemokraten wieder salon- und damit regierungsfähig machen. Dass er selbst den Ludwig-Stil jahrelang vorbehaltlos mitgetragen hat, ist möglicherweise eine Erklärung seines schlechten Wahlergebnisses am Dienstag.

Den Satz des Tages ließ gestern der Abgeordnete Henryk Wichmann von der CDU vernehmen: »Ich fühle mich in der dritten Reihe sauwohl«, bekannte er auf die Frage, ob er unter Dombrowski eine exponierter Funktion anstrebe. Mit Blick auf die CDU-Fraktion fügte er hinzu: »Es ist leichter, von der ersten Reihe wieder in der dritten zu landen als umgekehrt«.


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