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Linkspartei will »Rente zum Leben«

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 5 Min.
Nun stellt auch die Linkspartei ein eigenes Konzept für eine Alterssicherung vor: »Eine Rente zum Leben« ist das siebenseitige Papier überschrieben, in dem fünf zentrale Punkte formuliert sind: Ausstieg aus der Rente mit 67, solidarische Mindestrente, Wiederanhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent des Durchschnittseinkommens, Ausweitung des Kreises derer, die in die Rentenversicherung einzahlen und die Angleichung der Ost-Renten. Details wollen Katja Kipping, Gregor Gysi und Bernd Riexinger am MIttwoch in Berlin präsentieren. »Wir werden zum ersten als einzige Partei dabei bleiben, dass die Renten wieder mit den Löhnen steigen sollen«, sagt die LINKEN-Vorsitzende vorab. »Und zweitens wollen wir ein wirklich universelles soziales Netz gegen Altersarmut.«

Die Spitzen von Partei und Fraktion kommen mit ihren Vorschlägen einerseits gerade richtig, andererseits auch ein bisschen spät. Denn rentenpolitische Ideen, die eine klare Alternative zur Alterssicherungspolitik der anderen Parteien bieten, hat die LINKE schon länger. Dass die Rentenfrage zu einem der Schwerpunkte im Wahlkampf wird, war auch schon abzusehen. Inzwischen aber haben sich Ursula von der Leyen mit ihrer Zuschussrente und die SPD-Spitze mit der Solidarrente auf dem Diskursfeld ziemlich breit gemacht. Das Papier der LINKEN könnte ein wenig wie eine nachgeschobene Reaktionen auf die Pläne der anderen wirken.

Die linke »Rente zum Leben« sei, formuliert es Spiegel online, »auch als Antwort auf die Rentenpläne der SPD zu verstehen«. Deren Vorsitzender Sigmar Gabriel hatte Anfang der vergangenen Woche sein Rentenkonzept vorgelegt, auch das war als Reaktion interpretiert worden - auf die Zuschussrente von der Leyens. Für den Wahlkampf ist es nicht ganz unwichtig, wer wann welche Idee in der Öffentlichkeit platziert. Für die Inhalte gelten freilich andere Maßstäbe - und hier unterscheidet sich das Papier der LINKEN deutlich von den Vorstellungen der anderen Parteien.

»Historischer Einschnitt«

Das gilt nicht nur für die angestrebte Rücknahme der Heraufsetzung des Renteneintrittsalters. »Diese Entscheidung wird durch die SPD nicht in Frage gestellt«, heißt es im Rentenkonzept der Sozialdemokraten, »allerdings muss die Situation am Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich besser werden.« Die Linkspartei fordert hingegen einen konsequenten Ausstieg aus der Rente mit 67. Noch klarer zeichnen sich die Unterschiede in der Frage des Rentennievaus ab: Während sich unter Führung von Parteichef Gabriel die Sozialdemokraten entgegen früherer Überlegungen dafür ausgesprochen haben, die 2001 beschlossene Absenkung auf 43 Prozent beizubehalten, will die Linkspartei das Niveau wieder anheben: von derzeit rund 51 auf 53 Prozent. Der »historische Einschnitt« unter der rot-grünen Regierung sei »eine wesentliche Ursache künftiger Altersarmut«, zitiert Spiegel online aus dem LINKEN-Papier. »Das weiß auch die SPD - und dennoch hält sie am Kurs des weiter sinkenden Rentenniveaus fest.«

Ein weiterer Pfeiler der rentenpolitische Vorstellungen der LINKEN betrifft den Osten. In den vergangenen Tagen hatten Spitzenpolitiker der Partei bereits auf allen Kanälen eine Anhebung der Ost-Renten an das Westniveau gefordert, für einen Rentengipfel im Kanzleramt plädiert oder Angela Merkel ultimativ aufgefordert, die im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vereinbarte Angleichung noch in dieser Legislatur umzusetzen. Der öffentliche Druck veranlasste sogar die Liberalen, das Thema anzusprechen. Doch das Sozialministerium hat die Hoffnung auf eine rasche Gleichstellung der Ost-Rentner, wie sie im Einigungsvertrag eigentlich vereinbart worden war, gedämpft. Linksfraktionsvize Dietmar Bartsch hat das dieser Tage »eine Unverschämtheit« genannt. Noch immer erhalten Ostdeutsche mit Durchschnittsverdient nach 45 Arbeitsjahren 142 Euro weniger Rente als Westdeutsche. Nach den Vorstellungen der LINKEN soll die Angleichung nun »stufenweise innerhalb der nächsten fünf Jahre« erfolgen.

Konkurrenz der Modelle

Aufmerksamkeit dürfte auch das LINKEN-Konzept für eine solidarische Mindestrente auf sich ziehen. Die Partei setzt sich für ein Modell ein, das »sicherstellt, dass kein Mensch im Alter ein Nettoeinkommen unterhalb der Armutsgrenze hat«. Auf diesem Feld der Alterssicherung gibt es derzeit die größte Konkurrenz: die Zuschussrente der Union, die maximal 850 Euro brutto im Monat betragen soll, aber an diverse Bedingungen geknüpft ist, die vor allem Ärmere kaum erfüllen können; die Solidarrente der SPD ebenfalls in Höhe von 850 Euro, die mit weniger Voraussetzungen ausgezahlt würde und aus Steuermitteln finanziert werden soll. Auch die Grünen haben ein Konzept, mit dem sichergestellt werden soll, »dass auch Geringverdienende, Erwerbstätige in Teilzeit oder mit unterbrochenen Erwerbsbiografien als langjährig Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung im Alter nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind« - die so genannte Garantierente.

Die Einführung einer solidarischen Mindestrente ist im Programm der Linkspartei bereits als Ziel verankert. Sie soll sich, heißt es dort, »zum einen aus den eigenen beitragsbegründeten Rentenansprüchen und zum anderen aus Steuermitteln für diejenigen« speisen, »deren Einkommen und Vermögen zu einem Leben unterhalb der Armutsgrenze führen würden«. In der aktuellen Diskussion um die Zuschussrente von der Leyens und die Vorstellungen der SPD hatte die Linkspartei gefordert, dass dies auf eine Mindestsicherung »von mindestens 1000 Euro für alle« hinauslaufen müsse.

Das Rentenkonzept, schreibt Spiegel online, sei gemeinsam von der Partei- und Fraktionsführung erarbeitet worden. Im Nachrichtenkanal Phoenix wird die Präsentation der »Rente zum Leben« am späten Vormittag übrigens zu sehen sein.


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