Polen droht die Rezession

Steigende Schulden und Arbeitslosigkeit an der Oder

  • Lesedauer: 2 Min.

Die »grüne Insel« - wie Ministerpräsident Donald Tusk das sich lange gegen die Krise wehrende Polen bezeichnete - sie droht zu verdorren. Auch das Land zwischen Oder und Bug fürchtet nach sieben erfolgreichen Jahren die Rezession. Der Rückgang des Wirtschaftswachstums sei aber nicht allein auf die Krise im Euroraum zurückzuführen, wie kürzlich der Ökonom Witold Orlowski in der Zeitung »Polityka« erklärte. Auch wenn das Bankwesen zu zwei Dritteln in ausländischen Händen liegt, der Export zu 80 Prozent in die EU-Länder erfolgt und viele Investitionen aus dem Ausland getätigt werden, die derzeitigen Probleme seien auch hausgemacht.

Etwa die Nachfrage mit wachsenden Staatsschulden aufrechtzuerhalten und gleichsam die Ausgaben zu drosseln, wie es die Maxime des Finanzministers Jacek Rostowski ist, funktioniere nicht mehr. Das »Instytut Globalizacji« bezifferte jüngst die Gesamtverschuldung Polens auf über eine Billion Zloty (240 Milliarden Euro). Allein in der fünfjährigen Amtszeit der Regierung unter Donald Tusk stieg die Verschuldung um 400 Milliarden Zloty. Die werden nun den kommenden Generationen aufgebrummt.

Doch auch für die jetzt lebenden Polen - von den horrenden Unterschieden zu Deutschland und andere Staaten im Westen ganz abgesehen - wird es schwieriger. Nach Angaben des Statistikamts (GUS) haben die Menschen inzwischen Reallohnverluste aufgrund der hohen Inflation von vier Prozent zu verkraften. Der Durchschnittslohn wird mit 3700 Zloty (890 Euro) angegeben.

In den Entwürfen des Haushalts 2013, der bis Ende September dem Sejm übergeben werden muss, sind unterschiedliche Wirtschaftsprognosen genannt. Die meisten Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt statt um 2,5 Prozent höchstens um 1,5 Prozent wachsen wird. Die Arbeitslosigkeit werde von 13 auf 15 Prozent steigen. Schon jetzt kommen 44 Arbeitslose auf eine freie Stelle.

Die Arbeitgeberverbände verlangen nun noch mehr Flexibilität in der Beschäftigungspolitik. Dass sich dies die Gewerkschaften nicht gefallen lassen und vor allem die Solidarnosc unter Piotr Dudek radikalisiert, ist sicher. Während die Sozialdemokraten »mehr Staat im Staate« fordern, werden die liberalkonservative Regierung und deren Anhänger nicht müde, nach mehr Deregulierung zu rufen. Und beten solle man für Deutschland und die ganze EU. Meistert man dort die Krise werde auch Polen nicht abstürzen.

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