Rasche Ski-Ehe als dritter Weg könnte sich auszahlen
Jüngst erklärten die vier Skisport-Landesverbände der ehemaligen DDR in München ihren Beitritt zum Deutschen Ski-Verband (DSV). Der faktischen Vereinigung folgt am 20. Oktober die juristische Absegnung auf dem Verbandstag in der bayerischen Landeshauptstadt. Damit wird nachvollzogen, was auf Auswahlebene seit fast zwei Monaten Praxis ist. Über das frühzeitige Zusammengehen sprach HER-BERT KOSS mit dem. DSV-Sportdirektor Helmut Weinbuch.
Die Skisportverbände sind mit ihrem zeitigen Zusammenschluß in eine Vorreiterrolle gelangt. Weshalb das rasche Handeln?
Auf eine Vorreiterrolle kam es Ulrich Wehling vom ehemaligen DDR-Verband und mir keineswegs an. Wir arbeiteten gemeinsam in der Kommission für die deutsche Sportvereinigung und kamen dort zu dem Schluß, in unseren Bereichen schnell handeln zu müssen. Bekanntlich werden Wintersportler im Sommer gemacht, dem wollten wir Rechnung tragen.
Mehrere Modelle der Vereinigung waren im Gespräch?
Ja, und zwar drei. Erstens ein langfristiger Weg, der vorsah, mit zwei deutschen Mannschaften bei den kommenden WM im italienischen Val di Fiemme an den Start zu gehen – eine vage Vorstellung. Zweitens schwebte uns ein mittelfristiger Plan vor, bei dem der Start einer gemeinsamen Mannschaft schon ins Auge gefaßt war. Bis Ende Januar sollten aber Qualifikationswettkämpfe stattfinden. Dafür hätte sicher jeder Trainer seine Aktiven scharfgemacht, und im Prinzip wäre jeder gegen jeden gehetzt worden. Das wollten wir nicht, denn das schafft kein Klima für eine künftige erfolgreiche Arbeit. Also entschieden wir uns für einen dritten Weg.
Wie siebt dieser kurzfristige Weg aus?
Nach den Leistungskriterien des vergangenen Winters wurden die Auswahlathleten in ein Team berufen. Die Sportler behielten jedoch meist ihre Trainer als Bezugsperson. Seit August läuft nun
praktisch die gemeinsame Vorbereitung auf den Wintersporthöhepunkt. Die Starter werden dann letztlich aus diesem Kreis be-' rufen. Es hat- jeder die Chance, sich mit guten Leistungen ins Gespräch zu bringen. Das Zusammenwachsen vollzog sich bestimmt nicht unproblematisch. Neue Trainer mit eigenen Erfahrungen kamen hinzu – sicher auch als Konkurrenten bisheriger Bundestrainer?
So ist die Situation nicht. Natürlich geht der Prozeß nicht immer reibungslos vonstatten. Jedoch herrscht bei uns ein Klima, das Probleme sachlich und schnell klären hilft. Neben der Harmonie von Trainern spielt aber dai Zusammmenwachsen der Mannschaft eine große Rolle. Im Skispringen gibt es gute Erfahrungen zwischen Rudi Tusch und Reinhard Heß. Tusch betreut neben Dieter Thoma auch Jens Weißflog und Heiko Hunger. Heß dann die Nachfolger. Ähnlich verhält es sich im Männer-Langlauf mit den Bundestrainern Eberhard Klessen und Lutz Hähnel. Für dieses Jahr sind die zusätz-
lich nötigen Finanzen gesichert, was kommt danach?
Wenn unser Plan von der Bundesregierung Bestätigung findet, werden für das kommende Jahr mit Blick schon auf Olympia für den Auswahlbereich fast drei Millionen Mark zur Verfügung stehen.
Was halten Sie davon, wenn jetzt noch Aktive aus der ehemaligen DDR zu anderen Klubs ausschwärmen?
Nichts, eine kurzfristige finanzielle Besserstellung sollte nicht dazu verleiten. Spitzenathleten sollten jetzt dort weitertrainieren, wo sie zu Hause sind. Mitglieder der deutschen Ski-Auswahl aus der ehemaligen DDR: Langlauf, Damen: Heß (Oberhof), Wezel (Klingenthal), Kümmel, Göhler (Oberwiesenthal), Opitz (Oberhof), Herren: Rein (Oberhof), Fiedler, Lautner, Seidel, Dietel (Oberwiesenthal), Grunwald (Oberhof), Nordische Kombination: Abratis, Prenzel, R. Leonhardt (Klingenthal), S. Leonhardt (Oberwiesenthal), Heisig (Oberhof), Springen: Weißflog, Hunger, Grundig (Oberwiesenthal), Kummerlöw (Klingenthal), Gebstedt, KieseweU ter (Oberhof).
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