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Das Halstuch von Picasso
Der spanische Künstler entwarf Erkennungszeichen der französischen Delegation
Wir mussten nicht lange auf Picasso warten, und kamen ohne Umschweife auf unser Anliegen zu sprechen. »Wir sind mitten in der Vorbereitung der Weltfestspiele für Frieden und Freundschaft in Berlin im August 1951. Aus Frankreich werden 1500 junge Leute verschiedenster Ansichten und unterschiedlicher Religionszugehörigkeit dorthin fahren - von Christen bis zu jungen Kommunisten.«
»Das Thema des Festivals?« erkundigte sich Picasso.
»Der Kampf für den Frieden«, sagte ich. »Die Initiative für das Festival ist in dem wichtigen Augenblick geboren worden, als Millionen Menschen den Stockholmer Appell unterschrieben, der ein Verbot der Kernwaffen verlangte. Und nun möchten wir gern, dass die französischen Teilnehmer in Berlin an einem Detail ihrer Kleidung schnell erkannt werden können. Ein Halstuch in leuchtenden Farben wäre vielleicht die beste Lösung - besonders wenn es von einem berühmten Künstler entworfen wäre. Am besten von einem der ebenso bekannt ist für seine Kunst wie seine Friedensliebe. Frieden und Freundschaft über die Grenzen hinweg, unabhängig von Rasse, Nationalität oder Glaubensbekenntnis, so könnte die Botschaft des Halstuches lauten.«
Ich kann nicht garantieren, dass es genau diese Worte waren, die ich an Picasso richtete, aber auf jeden Fall sprach ich in diesem Sinne mit ihm.
Picasso nahm ein weißes Papier und einen Stift. Er zeichnete ein Quadrat und teilte es in vier Triangel, und in die Mitte kritzelte er eine Taube hinein. »So könnte es aussehen«, meinte er, »und jetzt bleibt nur noch, die Farbe hinzuzufügen. Natürlich müsst ihr mir ein bisschen Zeit geben. Kommt in einem Monat zurück.«
Einen Monat später kam ich wieder, die Zeichnung war fertig, aber Picasso war nicht da. Doch er hatte an alles gedacht. Francoise Gillot übermittelte uns, wo wir das Tuch drucken und wem wir die Originalzeichnung verkaufen könnten. Ja, Picasso versprach sogar, die Rechnung zu begleichen für die Halstücher, die wir dann trugen, als wir in Berlin ankamen.
Unser Autor, damals KP-Jugendfunktionär, war lange Chefredakteur der französischen Gewerkschaftszeitung »LOvriere«
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