Das Bild, das Frank Luck nach dem 10-km-Sprint beim Weltcup in Oberhof abgab, war die personifizierte Fassungslosigkeit. »Ich bin nun 22 Jahre dabei, aber so etwas ist mir noch nie passiert«, sagte der 35-jährige Oldie nach einer der schlimmsten Schlappen seiner Karriere: drei Schießfehler, drei Minuten Rückstand zum siegreichen Norweger Ole-Einar Björndalen und 69. Rang.
Luck wusste um die Konsequenzen: kein Einsatz für den Massenstart mit den 30 Besten der Weltcupwertung am Sonntag, aber auch kein Staffelstart am Sonnabend. Dafür an allen Tagen jeweils zwei Mal täglich intensiv trainieren. Und das ausgerechnet beim zweitwichtigsten Ereignis des Winters nach den WM im März in Sibirien und noch dazu auf heimischem Terrain. Dort, wo dem neunmaligen Weltmeister, zweimaligen Staffel-Olympiasieger und elffachen Weltcup-Ersten seit Jahren die Fans zu Füßen liegen. Der in Schmalkalden gebürtige Luck ist der erfolgreichste deutsche Biathlet aller Zeiten.
Nach Olympia-Silber im Quartett und im Einzelrennen im Vorjahr in Salt Lake City orderten ihn Sponsoren für Werbeauftritte (und Einnahmen) wie noch nie. Im Sommer durfte er individueller denn je trainieren, reduzierte aber im Vergleich zum Aufwand vor Olympia das Pensum: »Man kann bei der Belastung nicht ständig draufpacken«, stellt er fest.
Schon vor den Winterspielen 2002 deutete er an, dass »die WM im Februar 2004 in Oberhof ein schöner Termin wären«, um nach so vielen Jahren endgültig die Bühne zu verlassen. Der Sportsoldat und gelernte Maschinist wäre dann 36. Bundestrainer Frank Ullrich - aus Oberhof kommend - ist momentan aber eher skeptisch: »Es macht wenig Sinn, einen Sportler durchzuschleifen, der körperlich und psychisch nicht voll drauf ist«, meinte er mit Blick auf Lucks Start bei der zweiten Trophy-Station in Ruhpolding.
Dass der viermalige Olympiateilnehmer, der jahrelang ob seiner hohen Trefferquote der »Scharfschütze« im deutschen Aufgebot war, derzeit physisch Defizite aufweist, zeigt seine 43. Position bei der reinen Laufzeit beim Oberhofer Sprint-Weltcup. Rätselhaft für ihn und sein Umfeld ist das Patronen-Malheur. Beim ersten Schießen fehlten im Magazin drei von fünf Patronen. Also musste er mit frostklammen Fingern die restlichen aus dem Reservemagazin klauben. Das raubte Zeit, Nerven und Treffsicherheit. Luck war ratlos: »Dass man vergisst, das Magazin aufzuladen oder es unterwegs komplett verliert, das passiert schon mal. Aber ich höre doch beim Füllen des Magazins nicht bei zwei Patronen auf.« Mit Galgenhumor fügte er hinzu: »Vielleicht findet ein Spaziergänger im Sommer drei intakte Hülsen.«
Dass der »Lucky-Luck« früherer Jahre sportlich derzeit neben der Erfolgsbahn läuft, korrespondiert möglicherweise mit privaten Turbulenzen. Der Schwager von Sven Fischer ist aus dem Eigenheim mit Frau und zwei Kindern in Springstille bei Schmalkalden aus- und in die Sportkaserne am Grenzadler eingezogen, wo Freundin Sandra Farmand (31/Snowboarderin) logiert. Findet er dort den Halt, um die frühere Rolle als Leistungsträger auch für die WM 2003 und 2004 auszufüllen?
Staffel-Partner Peter Sendel, der in Oberhof im 10-km-Sprint 19. geworden war, ist fest überzeugt: »"Lucky" wird sich aus dem Tief wieder aufrappeln. Im Training hat er gezeigt, dass er zur Mannschaft gehört.« Ein krönender WM-Abschluss 2004 daheim in Oberhof wäre »Mister Zuverlässig« allemal zu gönnen.
Deutscher Frauen-Staffelsieg
Mit einem Erfolg des deutschen Olympiasieger-Quartetts mit Katrin Apel (Frankenhain), Uschi Disl (Moosham), Andrea Henkel (Oberhof) und Kati Wilhelm (Zella-Mehlis) endete am Freitag das Weltcup-Staffelrennen vor Russland (28,9 s zurück) und Frankreich (1:35,8 min zur.).
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