- Politik
- Vom DFF ins Programm der ARD: „Der Rest, der bleibt“
Fernsehfilm fürs Gemüt – mit Schönheiten und Schwächen
Vor sieben Jahren hatte der Regisseur Bodo Fürneisen das Szenarium zu diesem Film für die Schauspielerin Annekathrin Bürger geschrieben.
Marianne, die Hauptgestalt, ist eine Frau Ende vierzig, „gut verheiratet“ und doch mit ihrem Leben unzufrieden. Sie sehnt sich nach einem Glück, das das ganze Lebensalter nicht einfach als den „Rest, der bleibt“, als das allmähliche Hinübergleiten in das Alter begreift. Sie begegnet in einer tiefen Existenzkrise dem 20 Jahre jüngeren Robert.
Zwischen dem jungen Mann, der ohne Mutter aufgewachsen ist, und der reifen Frau, die keine Kinder haben konnte, entwickelt sich eine leidenschaftliche Liebe, die beide den Altersunterschied vergessen läßt.
Doch Schritt für Schritt holt die Liebenden der Alltag ein. Marianne begreift: „Wenn ein älterer Mann ein Verhältnis mit einem jungen Mädchen hat, finden das alle normal. Aber wenn es umgekehrt ist
Mit eben jener Begründung wurde seinerzeit das Szenarium von Leitern des Fernsehens der DDR abgelehnt. Den politischen Zensoren wird aber auch klar gewesen
sein, daß die kleine Liebesgeschichte einen weiteren Assoziationsspielraum öffnet, denn neben dem Verstoß gegen die moralischen Konventionen verletzt die ungewöhnliche Lovestory auch viele gängige soziale und politische Tabus.
Vieles von dieser Brisanz ist heute verlorengegangen, und wahrscheinlich wäre Bodo Fürneisen gut beraten gewesen, hätte er sein Drehbuch zusammen mit einem anderen Autor überarbeitet und dabei auch auf die Gegenwart zugeschnitten .
Denn der Film weist bei vielen Schönheiten auch empfindliche Schwächen auf. Sehr sorgsam, mit schönen stimmigen schauspielerischen Haltungen gestalten Annekathrin Bürger und Alexander Höchst (Robert) das Entstehen ihrer Liebe, die Furcht davor.
Fürneisen benutzt das stereotype Bildmotiv des Schienenstranges hinter dem Gitter als Symbol für die ausgefahrenen Gleise, in denen sich das Leben seiner Hauptgestalten bewegt. Doch für die Krise seiner dramatischen Handlung, die Konfrontation Roberts mit Mariannes Mann Michael (Klaus Piontek), fehlen ihm die künstlerischen Ausdrucksformen. Hier rettet er
sich in eine recht unelegante lange Dialogpassage, in der verbal Konflikte und Vorgeschichten ausgebreitet werden. Damit verliert der Film an Kraft, erleidet Verluste, die auch später nicht mehr aufzuholen sind.
Der Schluß – Marianne und Robert berichten einander von ihrem weiteren Geschick – ist überflüssig.
Neben den drei Hauptdarstellern beeindruckte mich vor allem Helga Raumer als Roberts Großmutter, eine alte einsame Frau, die nur in der Sorge für ihren Enkel lebt und deren Leben ihren Sinn verliert, als er sie verläßt.
Heide Kipp spielte die kleine Rolle von Mariannes Kollegin in der Bibliothek. Auch sie ist eine in ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten beschränkte Persönlichkeit, boshaft aus Neid auf das Glück der anderen.
Jürgen Heimlich schuf sehr schöne Bildkompositionen, vor allem in den komplizierten erotischen Szenen.
Zu aufgesetzt, zu wenig (vielleicht ironisch) gebrochen der Einsatz der Musik.
Ein Film fürs Gemüt – die ARD hatte gut gewählt, als sie ihn in ihr Programm nahm.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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