Einschüchterung macht nicht an Grenzen halt

Fragen an eine Teilnehmerin der Proteste gegen das Weltwirtschaftsforum

  • Lesedauer: 2 Min.
Im schweizerischen Davos konferierte in den letzten Tagen nicht nur das World Economic Forum - auch Kritiker aus aller Welt trafen sich und protestierten gegen die Auswüchse der Globalisierung sowie einen drohenden Irak-Krieg. ND sprach mit einer Demonstrantin, der 27 Jahre alten Politikstudentin Miriam H. aus München.
ND: Sie gehören einem Anti-NATO-Bündnis in München an. Was zieht Sie dann in den Umkreis des World Economic Forum nach Davos - die Schweiz gehört der NATO doch gar nicht an?
H.: Ich könnte jetzt einfach sagen, auch die Friedensgruppen gehen mit der Zeit und globalisieren sich. In bescheidenem Rahmen versteht sich; auf diesem Gebiet wäre einiges nachzuholen. Aber schauen Sie sich mal die Teilnehmerlisten des World Economic Forum und die der geplanten Münchner Sicherheitskonferenz im Februar an. Überschneidungen sind nicht zufällig. Krieg und kapitalistische Ausbeutung sind aus meiner Sicht zwei Seiten einer Medaille.

Sie scheinen hier etwas verloren zu stehen ...
Unter anderem, weil Freunde von uns nicht über die Schweizer Grenze gelassen wurden.

Sie hatten militantes Gepäck?
Nein! Aber einer hatte im Auto zum Beispiel unseren Appell gegen die Sicherheitskonferenz. Der wird seit Wochen in Deutschland verteilt, er mag nicht jedermann gefallen, doch es gibt juristisch nichts daran zu beanstanden. Bei Konstanz hielten ihn dennoch Schweizer Grenzwächter auf, befragten ihn ziemlich unwirsch und schoben ihn zurück. Dort wartete schon der Bundesgrenzschutz, um unseren Freund unter die Lupe zu nehmen. Beides geschah ohne gesetzliche Handhabe. Man versucht uns einzuschüchtern.

Nun will ja sogar der Münchner SPD-Oberbürgermeister Christian Ude gegen die Sicherheitskonferenz demonstrieren. Und der Bundeskanzler sagte den Veranstaltern sein Erscheinen ab.
Dass der Oberbürgermeister in dieser Weise Stellung bezieht, begrüßen wir. Nur wird er nicht mit uns gemeinsam demonstrieren, weil wir den Kurs der rot-grünen Bundesregierung natürlich auch kritisieren.

Aber die sagt doch Nein zum Irak-Krieg?
Stimmt, aber sie stellt das Hinterland für die Angreifer sicher, Logistik für den Krieg. So wird - schaut man ins Detail - aus dem Nein ein Ja oder zumindest ein Jein.

Sie waren anfangs nicht so geneigt, mir Fragen zu beantworten. Und als ich die Kamera rausholte, schüttelten Sie den Kopf. Warum?
Natürlich ist das, was ich tue, in keiner Weise illegal. Ich vertrete gemeinsam mit anderen meine Meinung. Das ist in Deutschland wie in der Schweiz ein Verfassungsrecht. Dennoch rutscht man sehr schnell in Dateien, die dann auch im Ausland gelesen werden. Als ich beispielsweise zum Europäischen Sozialforum nach Florenz wollte, ließen mich die Grenzwachen mich nicht einreisen. Sie verstehen hoffentlich meine Kamerascheu ...

Interview: René Heilig
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